Startups als Standort- und Wirtschaftsfaktor
Die RKW Studie bildlich dargestellt

Gastautor Dr. Matthias Wallisch, Programmleiter im Fachbereich Gründung im RKW Kompetenzzentrum, erklärt in dieser Studie vom RKW, wie Junge Tech-Startups das Potenzial haben, im besonderen Maße zur positiven Entwicklung einer Region beizutragen, indem sie als Innovationstreiber die Wirtschaftskraft stärken und die Standortqualität verbessern.

Hinweis: Der Beitrag erschien erstmals im Januar 2023 auf www.rkw-kompetenzzentrum.de und wurde für Station aktualisiert.

Startups gelten als Antreiber von neuen Technologien und Herausforderer bestehender Wirtschaftsstrukturen. Ein Rückgang von Gründungsaktivitäten wird daher nicht selten mit mangelnder Zukunftsfähigkeit von ganzen Ländern oder einzelnen Regionen gleichgesetzt. Die Höhe des Anteils von Startups an allen Gründungen hängt von der Definition und den verfügbaren Daten ab. Beispielsweise legt die KfW Research für die Analyse von Startup-Aktivitäten folgende Merkmale fest: junge gewerbliche Unternehmen, die vor höchstens fünf Jahren gegründet wurden und deren Gründerinnen und Gründer im Vollerwerb tätig sind. Wesentliche Merkmale sind außerdem ein Gründungsteam oder Beschäftigte sowie eine innovations- oder wachstumsorientierte Ausrichtung mit dem Ziel, eine technologische Innovation zur Marktreife zu bringen.

Anhand dieser Definition wird ein Gesamtbestand von 61.000 Startups für das Jahr 2021 in Deutschland ermittelt. Nur ein kleiner Teil aller Gründungen weist Merkmale von Startups auf, bei Frauen sind es drei und bei Männern immerhin neun von 100 Gründungen. Analysen aus dem Global Entrepreneurship Monitor kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Hier liegt der Anteil an Gründerinnen und Gründern von technologieorientierten Unternehmen im Jahr 2021 bei etwa 5,8 Prozent.

Beschäftigungseffekte: 18 Mitarbeitende pro Startup

Die Wachstums- und Innovationsorientierung von Startups birgt nicht nur ein außerordentliches Erneuerungs-, sondern auch ein hohes Beschäftigungspotenzial. Im Schnitt beschäftigen Startups etwas mehr als 18 Mitarbeitende. So das Ergebnis des Deutschen Startup Monitors 2022 (hier umfasst die Definition Unternehmen, die bis zu zehn Jahre am Markt sind). Vielversprechende Startups mit ihren Talenten und Technologien ziehen die Aufmerksamkeit von Investoren und etablierten Unternehmen auf sich. So können sie dadurch zu einem wesentlichen Wirtschafts- und Standortfaktor von Städten und Regionen werden. Neben den positiven Effekten bestehen aber auch Risiken: Startups, die rasant gewachsen sind, müssen sich schnell wieder von Mitarbeitenden trennen. Also, wenn die geplanten Umsatz- oder Gewinnziele nicht erreicht werden.

Mehr Startups abseits der großen Zentren

Auf den ersten Blick scheinen sich Startups nahezu vollständig auf die großen Städte wie München, Berlin und Hamburg zu konzentrieren. Aber beim näheren Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die räumliche Konzentration von Startups in den vergangenen Jahren etwas abgenommen hat. So bemerkte man, dass auch „Abseits der Metropolen“ spannende neue Tech-Unternehmen entstehen können. Die Möglichkeit, den Arbeitsort frei wählen zu können („work-from-anywhere“), scheint diese Entwicklung zu begünstigen.

Persistente Strukturen gefährden Innovationspotenziale für Startups

Insbesondere in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sollten unterstützende Rahmenbedingungen und Programme für Gründungen und Startups von Seiten der Politik und Förderung nicht aus den Augen verloren werden, denn wirtschaftliche Strukturen neigen nicht selten zu einer Persistenz und führen zu einer „Verknöcherung der Wirtschaft“. Dies verdeutlicht sich beispielhaft im Winter 2022/23 in Deutschland auf eindrückliche Art und Weise: Während viele etablierte Unternehmen aus dem DAX im Zuge der Energiekrise – begleitet durch eine hohe Inflation und steigende Zinsen – die höchsten Erträge seit 20 Jahren einfahren, kämpfen viele Startups ums Überleben. Etablierte Unternehmen können in vielen Fällen die gestiegenen Kosten an den Kunden weitergeben. Startups, die gerade ein neues Produkt entwickeln oder einen Marktzugang aufbauen, sind dazu nicht in der Lage. Hierdurch entsteht ein Ungleichgewicht zwischen etablierten und neuen Unternehmen, die mit einem Selektionsprozess von Startups und somit dem Verlust von Technologie- und Innovationspotenzialen einhergehen kann. Dies zeigt sich auch in der Gründungsdynamik: wurden im Jahr 2021 noch 3.196 Startup-Neugründungen im Handelsregister gezählt, so waren es im Jahr 2022 nur 2.618. Das entspricht einem Rückgang von 18 Prozent. Allerdings gibt es innerhalb von Deutschland große Unterschiede: Beispielsweise lässt sich für Hessen ein Zuwachs von 2 Prozent beobachten, während sich die Zahl der Startup-Gründungen in Baden Württemberg um 29 Prozent reduziert hat. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Startup-Verbands in Kooperation mit startupdetector.

Positive Effekte durch Startup-Gründungen

Aus der Perspektive der Unterstützenden von Gründungen ist es hilfreich, die vielfältigen positiven Effekte von Startups als Wirtschafts- und Standortfaktor zu kennen, um auf eine argumentative Basis für den Diskurs mit politischen Institutionen und Entscheidungsträgern zurückgreifen zu können.

Zwei wichtige Punkte

Startups sind ein Wirtschaftsfaktor, in dem sie neue Arbeitsplätze schaffen. Und zwar im
Durchschnitt deutlich mehr als konventionelle Gründungen. In diesem Zusammenhang kann
zwischen direkten Beschäftigungseffekte (Arbeitsplätze bei den Startups selbst) und
indirekten Beschäftigungseffekten (bei Dienstleistern und Zulieferern) unterschieden
werden. Das generierte Einkommen erhöht die Kaufkraft und führt zu sogenannten
induzierten Effekten, welche die regionale Wertschöpfung insgesamt erhöhen. Ebenfalls von
Bedeutung sind Steuereinnahmen für die jeweiligen Kommunen.

Startups sind ein Standortfaktor, in dem sie die Attraktivität einer Region für Talente und Unternehmen erhöhen. Es entstehen wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen und Investoren aufgrund der räumlichen Nähe zu Startups. Konkret geht es um den Zugriff auf unternehmerisches Know-how, potenzielle Mitarbeitende und neuen Technologien. In der Folge entstehen Agglomerations- und Wettbewerbsvorteile, die neue Startups hervorbringen und eine überregionale Anziehungskraft erzeugen.

Profit in jeglichen Bereichen

Startups profitieren somit nicht nur von gründungsfreundlichen Rahmenbedingungen, sondern können selbst zur positiven Entwicklung einer Region beitragen, indem sie als Innovationstreiber die Wirtschaftskraft stärken und die Standortqualität verbessern. Die daraus folgende Attraktion von Kapital und Unternehmen führt dann zu selbstverstärkenden Effekten und bietet so einen Nährboden für die Entstehung von weiteren Gründungen und Startups.

Gastauthor Dr. Matthias Wallisch, Programmleiter im Fachbereich Gründung

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