Keine Angst vor Förderanträgen, Finanzplänen und Co.
Anna Meister

10 Tipps für die Finanzierung eures Social Start-ups

Wenn es um das Thema Gründen geht, werden viele von Sorgen vor der Finanzierung umgetrieben. Insbesondere im Social Business und in gemeinnützigen Projekten sind die Gelder häufig knapp und die Anträge für Fördermittel bringen viel Aufwand und Bürokratie mit sich. Die meisten haben deshalb großen Respekt vor umfangreichen Förderanträgen und komplexen Finanzplänen. Auch Anna Meister stand als Gründerin und ehemalige Geschäftsführerin des Sozialunternehmens ZuBaKa bereits vor vielen Herausforderungen und konnte über mehrere Jahre hinweg wichtige Erfahrungswerte und Learnings für sich gewinnen, die sie nun mit der Community teilen möchte. Dieser Artikel ist Teil der Reihe “Impact Spotlight – Creating Impact Together” im Rahmen des 3. Impact Days Wiesbaden.

Im Zuge meiner ersten Gründung habe ich mich mit vielen Menschen zum Netzwerken getroffen, Ihnen von meinen Ideen erzählt und auch viel gutes Feedback erhalten. Damals dachte ich, dass diese positive Resonanz auch einen schnellen Transfer von finanziellen Mitteln mit sich bringen würde. Letztlich hat dieser Prozess zwar mehr Zeit als erwartet in Anspruch genommen, da man zu Beginn noch nichts vorzuweisen hat, Kontakte und Vertrauen erst einmal aufbauen und seine eigenen Strategien finden muss. Was sich jedoch auch gezeigt hat: Es ist genug Geld da, es stehen viele Förderungsmöglichkeiten zur Verfügung und im Endeffekt ist es leichter als man denkt.” 

Mit dem Fokus auf Fundraising für gemeinnützige Organisationen sprach sie deshalb in ihrem Workshop während des Impact Days in Wiesbaden am 30. November 2023 darüber, was ihre wichtigstens Learnings aus persönlicher Erfahrung waren, was sie rückblickend anders angehen würde und gibt den Teilnehmenden zehn Tipps für die Finanzierung von Social Start-ups:

  1. Klare und transparente Gesprächsführung 

Auf der Suche nach Fördermitteln und Sponsor:innen ist Networking besonders wichtig und man führt viele Gespräche mit den unterschiedlichsten Personen.  Auch wenn es unangenehm sein kann, über Geld zu sprechen oder darum zu bitten, ist es in diesem Kontext dennoch wichtig, transparent zu kommunizieren. Formuliere deshalb im Gespräch deutlich, was du von deinem Gegenüber möchtest und was deine Erwartungen sind. Dies gilt nicht nur für monetäre Fördermittel, sondern auch für andere Arten von Ressourcen wie beispielsweise das Vermitteln von Kontakten. Somit können aus der Kommunikation konkrete To-Dos abgeleitet und diese im Nachgang zielorientiert umgesetzt werden.

  1. Keine falsche Bescheidenheit 

In vielen Fällen sehen Geschäftsmodelle des Social Business vor, dass Gründende damit ihre hauptberufliche Tätigkeit ausüben und auch entsprechend ihren Lebensunterhalt sichern müssen. Insbesondere bei der Erstellung von Finanzplänen ist es deshalb ratsam, nicht zu knapp, aber dennoch realistisch zu kalkulieren und von Beginn an klare Gehaltsvorstellungen zu definieren. Diese sollten auf einem gesunden Money Mindset basieren: Social Business leistet relevante Arbeit in der Gesellschaft, deshalb gib dich selbst nicht mit einer reinen Ehrenamtspauschale zufrieden. Dennoch ist es wichtig, hierbei eine gute Balance für einen realisierbaren Businessplan zu finden. 

  1. Lohnt sich das überhaupt?

Das Ausfüllen von Anträgen kann unfassbar aufwändig sein und viele Nerven kosten. Um deine Kapazitäten besser zu bündeln, solltest du sorgfältig Aufwand und Ertrag abwägen. Stelle dir die Fragen: Was wird von dir für die Antragstellung erwartet? Wie viel Aufwand musst du investieren, um die Anforderungen zu erfüllen? Und was bekommst du am Ende dafür? Während manche Formulare nur fünf Seiten betragen, erstrecken sich wiederum andere Stiftungsanträge über einen deutlich größeren Umfang, sind aufwändiger gestaltet oder fordern genaue Reportings und Dokumentationen. Verlangt ein Antrag ein hohes Maß an Arbeitsaufwand, kann es gegebenenfalls sinnvoller sein, die eigene Energie für die Akquirierung anderweitiger Ressourcen aufzusparen. 

  1. Perfect Match oder Mittel zum Zweck?

Geht ihr im Zuge eurer Gründung Förderung-Kooperationen ein, heißt es Augen auf bei der Partnerschaftswahl. Schaut genau, ob ihr hinsichtlich der Geschäftslogik, der Kommunikationweise und der Werte auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Denn jedes Geld hat seinen Preis. Nur wenn die Unternehmenskultur zwischen Geldgeber und der eigenen Person zueinander passt, kann die Zusammenarbeit funktionieren. Im Optimalfall profitieren am Ende beide Seiten. Dabei gibt es jedoch keine goldene Faustregel, welcher Geldgeber zu welchem Social Business passt. Während für die einen Crowdfunding eine gute Lösung ist, orientieren sich wiederum andere besser an den kleineren Strukturen einer Familienstiftung. Am besten achtest du darauf, womit du dich für dein Geschäftsmodell am wohlsten fühlst.

  1. Warm- statt Kaltakquise

Kaltakquise bedeutet, auf der Suche nach Fördermitteln potentielle Geldgeber direkt beim Erstkontakt um finanzielle Unterstützung bitten, ohne vorher schon einmal Präsenz gezeigt zu haben oder mit ihnen in Kontakt getreten zu sein. Der Nachteil hierbei ist, dass dein Standing zu Beginn häufig noch nicht ausreichend etabliert ist. Nähere dich dem Thema Finanzierung deshalb vordergründig über die eigene Peer-Group. Stütze dich dabei auf warme Kontakte aus deinem Netzwerk und hole dir dort relevante Informationen ein: Wer führt ähnliche Projekte durch? Woher generieren andere ihre monetären Mittel? Gibt es Empfehlungen? Kann jemand aus Erfahrung von Vor- und Nachteilen berichten? 

  1. Nutze Synergieeffekte innerhalb deines Teams

Die Implementierung und Finanzierung eines Start-up lässt Gründende verschiedene Stationen durchlaufen und fordert von ihnen unterschiedliche Kompetenzen. Schau dir die verschiedenen Prozesse aufmerksam, finde heraus, welche fachlichen Expertisen dafür notwendig sind und stelle auf Basis dieser Informationen dein Team zusammen. Jede Person ist in etwas anderem gut. Während manche ein kommunikatives Wesen zum Netzwerken haben, liegen bei anderen die Stärken wiederum eher im Bereich Kalkulation, Marketing, IT-Know-How oder Ähnlichem. Profitiere davon, auf einen breiten Pool an Fähigkeiten zurückgreifen zu können und mache dir die Stärke einer divers aufgestellten Teamstruktur bewusst. 

  1. Structure is key

Je nachdem, für welches Projekt und bei welcher Stiftung man finanzielle Hilfsmittel beantragt, trifft man beim Einreichen eines Förderantrags auf unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Form und Umfang. Unabhängig von Inhalt oder Format solltest du stets darauf achten, dass die geforderten Dokumente übersichtlich strukturiert und klar verständlich formuliert sind. Dies macht nicht nur einen kompetenten Eindruck bei den zuständigen Stiftungen oder Unternehmen, sondern erleichtert auch im Nachgang deutlich die Kommunikation. Solltest du dir selbst damit schwer tun, suche gerne Expertise und Hilfe in deinem Team. 

  1. Finger weg von Sammelmails und Copy & Paste 

Jeder Förderantrag ist individuell, spricht unterschiedliche Zielgruppen an und richtet sich nach verschiedenen Themenschwerpunkten aus. Verwende deshalb nicht immer wieder dieselben Dokumente und versende keine Sammelmails. Gestalte deine Ideen, Pitches und Folien stets persönlich und passgenau, richte deine Kommunikationsweise und Formate auf den Fokus der Förderinstitution aus und achte dabei auf Einheitlichkeit und Konsistenz. Auf diese Weise stellt ihr euer Engagement und eure Motivation unter Beweis und erhöht somit die Chancen, den Zuschlag für Fördergelder zu erhalten.

  1. Stay focused: Achtung vor Überaktionismus und Mission Drift

Vor allem im Social Business gibt es viele Bereiche, die Aufmerksamkeit und helfende Hände bedürfen. Dabei kann schnell ein Überaktionismus entstehen und man verliert die eigentliche Mission außer Acht. Zwar lebt die Gemeinnützigkeit von neuen, zukunftsweisenden Ideen und der Motivation, etwas bewegen zu wollen. Dennoch ist es wichtig, innerhalb eines Projektes konsistent zu bleiben und den Blick immer wieder bewusst auf seine initialen Ziele zu richten. Hierbei kann ein kritischer Blick von außen hilfreich sein.

  1.  Profitiere von unternehmensübergreifender Zusammenarbeit

Bei der Gründung eines Unternehmens stehen viele zunächst alleine da und verfolgen im Tunnelblick ihr eigenes Ziel. Dabei wird häufig vergessen, dass das Teilen von Ressourcen und Know-How durch Kooperationen großes Potenzial mit sich bringen kann. Nicht nur für Förderungen wird ein Projekt somit möglicherweise interessanter, sondern auch über die Finanzierung hinaus bieten berufliche Partnerschaften wertvolle Möglichkeiten und Perspektiven. Auch hier gilt jedoch, dass Werte und Unternehmenskultur zusammenpassen müssen, um hinsichtlich Zielsetzung, Entscheidungsfindung und Einsatzbereitschaft im Einklang zu stehen. Es sollte zudem deutlich werden, dass alle Parteien davon profitieren können, da andernfalls unterschiedliche Prioritäten negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit haben können.

Über Anna Meister: 

Nach ihrem Studium in Politikwissenschaften, Geschichte und Philosophie hat sich Anna Meister als Teach First Fellow an Schulen für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem eingesetzt. 2016 gründete sie selbst das Sozialunternehmen ZuBaKa mit Sitz in Frankfurt am Main. Die gemeinnützige GmbH hat es sich zur Mission gemacht, sozial benachteiligten Schüler:innen die notwendigen Ressourcen für einen erfolgreichen Schulabschluss bereitzustellen und sie dadurch mit wirtschaftlicher und sozialer Teilhabe zu befähigen. Nach sieben Jahren hat sie sich schließlich entschieden, die Position als Geschäftsführerin von ZuBaKa abzugeben und sich selbständig zu machen, um gemeinnützige Unternehmen durch Beratung und Coaching zu unterstützen. Wenn sich die Möglichkeit bietet, kann sie sich jedoch auf lange Sicht definitiv vorstellen, noch einmal ein Social Start-up zu gründen und freut sich darauf, ihre bereits gewonnenen Learnings anzuwenden. 


Hier 
geht’s zum 2023 Impact Day Wiesbaden Aftermovie.

Hier ist das Agenda 2023 Impact Day Wiesbaden nochmal im Überblick und bietet auch im Nachgang der Veranstaltung eine ideale Inspirationsquelle mit wichtigen Ansprechpartnern.

Hier geht es zu allen Artikeln aus der Serie.

Dieser Artikel ist Teil der Reihe “Impact Spotlight – Creating Impact Together” im Rahmen des 3. Impact Days Wiesbaden. Die Reihe ist in Auftrag und Zusammenarbeit mit StartHub Hessen, der zentralen Anlaufstelle für Start-ups in Hessen. Ein Projekt des Landes Hessen und Teil der Hessen Trade & Invest GmbH.

Next event: 29.2.2024 
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