Gleich drei spannende News gab es für PROBENDA in den vergangenen vier Wochen. Das 2020 gegründete Startup aus Pfungstadt setzt auf die Produktion von Nutztierfutter aus Insekten. Anfängliche Mittel stammten aus dem Eigenkapital. Für die nachfolgenden Finanzierungen aus Eigenkapital und Fremdkapital ergab sich nun folgende Aufteilung. Für die Eigenkapital Tranche wurde eine Seed-Finanzierung durch den von der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH (Tochter der WIBank) gemanagten Fonds Hessen Kapital III (EFRE) bereitgestellt. Darüber berichteten wir am 15. Juni 2023 hier. Für die Fremdfinanzierung erhielt das Startup den WIBank-Innovationskredit 2023. Mehr dazu kann im Interview mit der WIBank hier nachgelesen werden. Nun folgte die Auszeichnung “Frankfurt Forward Startup of the Month” Juli.
Jeden zweiten Monat zeichnet Frankfurt Forward ein Startup Of The Month aus. Dem Startup winken unter anderem das starke Netzwerk von Frankfurt Forward (eine Initiative der Wirtschaftsförderung Frankfurt), sowie verschiedene PR-Extras und der Pitch für den Frankfurt Forward Startup of the Year Award. Im Interview sprechen die beiden PROBENDA Co-Founder Luisa und Christian Benning mit Frankfurt Forward.
Welches Problem willst du mit deinem Startup lösen?
70 % der weltweiten Anbauflächen werden aktuell für die Herstellung von Futtermitteln für landwirtschaftliche Nutztiere gebraucht. Dabei produzieren diese nur knapp 20% der global konsumierten Kalorien. Regenwälder werden für Futtersoja oder Palmkernöl abgeholzt. Wertvolle Lebensräume gehen für immer verloren. Unsere Meere sind überfischt. Nicht zuletzt auch zur Herstellung von Fischmehl, als Futterbestandteil für Fische in Aquakultur. Die WHO geht davon aus, dass schon 2050 über 10 Milliarden Menschen ernährt werden müssen. Die Erzeugung von Lebensmitteln muss also deutlich effizienter werden. Gleichzeitig wächst jedes Jahr die Menge an Lebensmittelabfällen. Allein in Deutschland wurden letztes Jahr rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt. Ein großer Teil davon schon bei der Herstellung. Mit PROBENDA nutzen wir das Potenzial von Insekten und bringen diese Reststoffe aus der Lebensmittelherstellung zurück in den Kreislauf. Mit den aus der Larve der Schwarzen Soldatenfliege gewonnenen Produkten bieten wir eine natürliche und regionale Alternative zu den üblichen Futterproteinen wie Soja oder Fischmehl. Damit leisten wir nicht nur einen Beitrag für eine nachhaltigere und zukunftsfähigere Landwirtschaft, sondern stellen auch die Verfügbarkeit von systemrelevanten Rohstoffen (Protein, Fett und Dünger) sicher.
Wer steckt hinter der Idee? Erzähle uns von dir, was du bislang gemacht hast und wie es zur Gründung kam.
Ich komme aus dem Agrarbereich. Nach meinem Studium der Agrarwissenschaften in Bonn habe ich bei einer Erzeugergemeinschaft als Produktmanagerin für Tiernahrung gearbeitet. Da war auch der erste Kontakt mit Insekten als Futtermittel. Christian ist gelernter Handwerker, nach seinem betriebswirtschaftlichen Studium mit den Schwerpunkten Materialwirtschaft und Logistik hat er viele Jahre bei einem großen Fahrradhersteller hier aus der Region gearbeitet. Dort war er unter anderem für die Produktionsprozesse und Logistik leitend verantwortlich. Während einer langen Wohnmobilreise in unserer Elternzeit 2019 stellten, wir uns intensiv die Frage, wie unsere zweite Hälfte des Berufslebens aussehen kann und soll. Dabei wurde sehr schnell klar, dass wir auch als Eltern, etwas nachhaltig bewirken wollen und das können wir mit dem Upcycling durch Insekten. Also haben wir zum Jahreswechsel 2020 unsere sicheren Jobs gekündigt und alles auf die Fliege gesetzt.
Was sind die größten Stärken deines Startups?
Eine entscheidende Stärke liegt in unseren sich ergänzenden Kompetenzen. Wir bringen durch unsere unterschiedlichen beruflichen Erfahrungen die perfekte Mischung mit. Christian mit seinem Know-how in Logistik, Prozesssteuerung, Wirtschaft, Personalführung und Lüftungstechnik. Ich kenne mich sehr gut im Markt, Marketing, Qualitätssicherung und Recht aus. Dazu haben wir einen exzellenten Biologen, der mit Leib und Seele für die Insekten lebt und einen ITler für alle Softwarethemen. Durch dieses starke Team verfügen wir mittlerweile über ein sehr hohes Fachwissen bezüglich der industriellen Insektenzucht, von der Biologie über die rechtlichen Regelungen bis hin zur Vermarktung.
Wie geht es mit PROBENDA weiter? Wie sehen die kurzfristigen und langfristigen Schritte aus?
Gerade haben wir mit der BMH und zwei privaten Investoren unsere erste Seed-Series beendet. Mit diesem Kapital bauen wir im Herbst unsere Anlage um das fast vierfache aus. Dabei werden wir von einer Blechverarbeitung auf ein kontinuierliches System umstellen. Außerdem wird die Mastanlage 8 Meter hoch. Das entspricht dann einer Mastfläche von 2.700 m² mit der wir etwa 4.000 Tonnen organische Reststoffe im Jahr aufwerten können. Mit dieser Anlage können wir dann zeigen, dass das PROBENDA Produktionssystem skalierbar ist und sich auf Großanlagenkonzepte, abhängig von den zur Verfügung stehenden Restströmen, mit einem Output von bis zu 3.000 Tonnen Proteinmehl übertragen lässt. Hierfür werden wir wahrscheinlich in 2024/2025 dann eine nächste Finanzierungsrunde starten. Unser langfristiges Ziel ist Deutschlands führender Upcycler von organischen Reststoffen mithilfe von Insekten zu werden. Vorstellbar sind Anlagen in sämtlichen Metropolregionen, dort wo die Reststoffe anfallen- auch über Deutschland hinaus.
Von den Höhe- und Tiefpunkten einer Gründung: Wie lautet deine größte Lessons Learned?
Die Insektenbrache ist sehr neu. Die für uns geltenden Regelungen und Verordnungen sind ursprünglich nicht für die Insektenzucht geschrieben. Das bedeutet, dass für uns, als auch die Behörden viele Fragen geklärt werden mussten. Das fängt bei dem Veterinäramt an und hört bei der Zolltarifnummer auf. Dies hat sehr viel Zeit und Geld gekostet. Schlussendlich sind wir sehr froh darüber, da wir nun mit Stolz sagen können, dass wir Deutschlands erste volllizensierte Insektenfarm sind.
Die Investorensuche war sehr zeitaufwändig. Daher empfehle ich, damit so früh wie möglich zu beginnen. Das haben wir wirklich unterschätzt. Glücklicherweise konnten wir das inzwischen im Mai mit der BMH und zwei privaten Investoren vorerst abschließen und können uns nun voll um den Ausbau kümmern.
Als Gründer und Geschäftsführer hat man eine große Bandbreite an Aufgaben. Da ist es essenziell, diese zu priorisieren und sich ein schlaues System dafür zu überlegen. Neben dem beruflichen Stress gibt einem das Gründerdasein aber auch viele Freiheiten. Gerade als Eltern können wir das Familienleben viel flexibler gestalten, sei es der pädagogische Tag in der KITA oder die Projektwoche in der Schule.
Welches Buch oder Tool siehst du als ein Must-Have für Startups?
Excell!
Bitte vervollständige folgenden Satz: FrankfurtRheinMain ist für mich….
Uns… Unsere neue Heimat!
Wie wird sich der Einsatz von PROBENDA-Produkten in der Landwirtschaft positiv auf die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks und anderer Umweltauswirkungen auswirken?
Die meisten Reststoffe, die wir als Futtersubstrate für unsere Larven verwenden, kommen aus der Lebensmittelproduktion und wurden bisher entweder kompostiert, in Biogasanlagen vergast oder sogar verbrannt. Beim Kompostieren entsteht sehr viel Methan, welches ein CO₂ Äquivalent von 25 hat. Eine Verstromung über Biogas ist bei vielen Reststoffen auch nicht sinnvoll.
Mit unserer Anlage können wir diese Restströme deutlich effizienter nutzen und über den Umweg des Futtermittels zurück in die Lebensmittelproduktion bringen. Die dabei entstehenden Produkte können als Alternative für Fischmehl oder Soja dienen. Durch die Vermeidung von langen Transportwegen und weiteren Eingriffen in die Natur, wie z.B. der weiteren Abholzung zum Flächengewinn für den Futteranbau können wir CO₂ einsparen. Auch benötigen wir im Vergleich deutlich weniger Wasser und Fläche.
Wie reagieren die Verbraucher und die Landwirtschaftsbranche bisher auf die Produkte von PROBENDA? Gibt es Herausforderungen bei der Markteinführung und Akzeptanz?
Landwirte sind in der Regel sehr offen gegenüber dem Einsatz von Insekten als Futtermittel. Zwar kann der aktuelle Preis noch nicht mit Soja oder Fischmehl konkurrieren, jedoch ist vielen Landwirten bewusst, dass eine Ernährung von Hühnern und Schweinen als auch vielen Fischen in Aquakultur mit Insekten als Hauptproteinquelle die artgerechteste Fütterung bedeutet. Landwirte mit Direktvermarktung ihrer Produkte nehmen den höheren Preis häufig in Kauf, da sie ihren Kunden diese artgerechte Fütterung direkt kommunizieren können. Viele Landwirte haben selbst das Interesse, eine Insektenmast aufzubauen. Häufig haben wir daher de Anfragen, sie mit Junglarven und/oder die Verarbeitung und Vermarktung zu übernehmen. Das wäre ein mögliches Szenario, um unsere Anlage hier in Pfungstadt in einer zweiten und dritten Schicht auszulasten. Das Fett hat ähnliche Eigenschaften wie Palmkernöl. Bedeutet, daraus könnte man auch Kosmetika oder Wasch- und Spülmittel herstellen und damit auf das umstrittene Palmkernöl oder Rohöle zu verzichten. Leider ist der Endverbraucher noch sehr auf vegan gepolt, sodass wir hier noch Schwierigkeiten haben das Fett entsprechend seinen Potential einzusetzen.
Weitere Beiträge
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