Die Stimmung bei den Startups im Rhein-Main-Gebiet hat sich deutlich aufgehellt: Das Geschäftsklima liegt sogar über dem Niveau von 2019. Zu diesen Ergebnissen kommt die Regionalauskopplung des Deutschen Startup Monitors für die Region, durchgeführt von der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft PwC.
Ein Grund für die Verbesserungen: Die Jungunternehmer:innen aus der Region kommen wieder leichter an Geld, insbesondere der Zugang zu Wagniskapital hat sich verbessert. Allerdings gab es in den Jahren 2020/21 eine schwächere Gründungsdynamik als bundesweit. Nur jede:r zweite Gründer:in aus der Region ist mit den Bedingungen am Standort zufrieden. Insbesondere bei der Anziehungskraft für Talente schneidet die Region schwach ab.
Zu diesen Ergebnissen kommt der 9. Deutsche Startup Monitor (DSM), den der Bundesverband Deutsche Startups e. V. und PwC in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen erstellt haben. An der Studie haben sich über 2.000 deutsche Startups beteiligt, davon 136 mit Sitz im Rhein-Main-Gebiet.
Das aktuelle Geschäftsklima liegt über dem Niveau von 2019
Das Geschäftsklima für die Startups im Rhein-Main-Gebiet hat sich deutlich erholt: Der Saldo liegt mit 54,2 Punkten deutlich höher als im Vorjahr (33,5 Punkte) und klar über dem Niveau von 2019 (45,5 Punkte). Damit sind die Startups im Rhein-Main-Gebiet optimistischer als der Bundesschnitt (52,2 Punkte). Dass die Firmen aus der Region trotz der Pandemie positiv in die Zukunft blicken, könnte mit ihren
Branchenschwerpunkten zu tun haben. Fast jedes vierte Frankfurter Startup ist ein FinTech (23 Prozent), und diese Branche konnte während der Pandemie oft profitieren. In Darmstadt zählen mehr als die Hälfte der Startups (52 Prozent) zur Informations- und Telekommunikations-Branche.
Neugründungen stagnieren
Allerdings können diese Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Neugründungen in der Region im Vergleich zur bundesweiten Entwicklung stagnieren und in den Jahren 2020/21 nur 38 Prozent versus 44 Prozent gegründet wurden. „Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig“, kommentiert Daniel Spengemann, Leiter der PwC-Startup-Initiative NextLevel in der Rhein-Main-Region. „Sicherlich zieht es viele Gründende aus der Region in die bereits seit vielen Jahren etablierten und starken Startup-Ökosysteme in Berlin und München. Selbst der florierende FinTech-Bereich hat sich mittlerweile nach Berlin orientiert. Zudem konkurrieren hiesige Gründerinnen und Gründer mit starken Unternehmen um Mitarbeitende – zumindest in Berlin ist diese Konkurrenz nicht so groß.“ Ein Malus könnte auch sein, dass die Rhein-Main-Region mit 21 Prozent um fünf Prozentpunkte schlechter abschneidet, wenn es um forschungsnahe Ausgründungen geht. Die Stadt Frankfurt ist mit gerade mal 14 Prozent sogar ganz weit abgeschlagen.
Standortnachteil: Personalgewinnung
Auch das könnte ein Grund dafür sein, dass die befragten Startups dem Ökosystem ihrer Region schlechtere Noten geben als bundesweit. Nur gut jedes zweite Startup (53 Prozent) bewertet es positiv. Das sind deutlich weniger als im Bundesschnitt, wo 65 Prozent mit den Bedingungen an ihrem Standort zufrieden sind. Allerdings zeigt sich in der Region ein differenziertes Bild: So wird das Ökosystem Darmstadt (68 Prozent) sogar überdurchschnittlich gut bewertet. Eine Schwäche der Region scheint in der mangelnden Anziehungskraft für Talente zu liegen: Nur 33 Prozent sind damit zufrieden; bundesweit liegt dieser Anteil bei 47 Prozent. Eine zentrale Ursache dafür liege in der schwierigen Wohnsituation, heißt es bei PwC.
Neun von zehn Startups wollen einstellen
Das Jobpotenzial der Startups in der Region ist laut Umfrage jedenfalls ausbaufähig: Mit neun Mitarbeitenden haben die Startups der Region Rhein-Main ohnehin nur noch halb so viele Beschäftigte wie im Bundesdurchschnitt (knapp 18). Damit ist die Zahl auf dem Niveau des Vorjahres geblieben, während bundesweit im Schnitt um vier Kolleg:innen aufgestockt wurde. In den kommenden zwölf Monaten wollen die Startups der Region aber wieder wachsen: 91 Prozent planen Neueinstellungen. Die Umsetzung könnte jedoch knifflig werden, denn fast jede:r Dritte (31 Prozent) berichtet über Probleme bei der Personalsuche (bundesweit: 27 Prozent). Im Vorjahr lag dieser Wert nur bei 15 Prozent.
Immerhin jede:r Fünfte hat Zugang zu Wagniskapital
Einfacher geworden ist dagegen die Kapitalbeschaffung: 2020 nannten noch 47 Prozent der Startups aus der Region die Kapitalbeschaffung als große Herausforderung; in der aktuellen Umfrage sind es nur noch 33 Prozent. Insbesondere mit Blick auf Wagniskapital hat sich die Lage verbessert: Jedem Fünften gelingt es mittlerweile, sich über Venture Capital zu finanzieren. Während im Vorjahr nur 12 Prozent der Startups aus der Region Venture Capital zur Verfügung hatten, sind es aktuell immerhin 21 Prozent – in Frankfurt sogar 27 Prozent. Immerhin ein Drittel der Wagniskapitalfinanzierung stammt von anderen Unternehmen, bundesweit sind es nur 23 Prozent. Bundesweit ist die etablierte Wirtschaft im Rhein-Main-Gebiet damit deutlich aktiver in das Startup-Ökosystem involviert als in anderen Regionen.