Nach dem Pivot: Das sind die CASHLINK-Pläne

Vor einem Monat haben die CASHLINK-Macher bekanntgegeben, dass sich der Payment-Service von seinem bisherigen Geschäftsmodell verabschieden wird. Zwei Wochen später vermeldete das Frankfurter Startup dann die erste Finanzierungsrunde für sein neues Produkt. Wie es zum Pivot kam und was genau hinter der Investment-Plattform steckt, hat uns CEO Michael Duttlinger im Interview erklärt.

Michael, ihr habt kürzlich im Zuge einer Finanzierungsrunde bekannt gegeben, dass ihr euer Geschäftsmodell ändern werdet. Seid ihr froh, das Image der “Paypal-Kopie” nun abstreifen zu können?

Was unser altes Produkt CASHLINK mit Paypal gemein hatte, ist die Tatsache, dass beide eine Lösung im Bereich Peer-to-Peer-Payment bieten. Dieser Markt ist regional jedoch sehr fragmentiert, entsprechend würden wir CASHLINK eher als lokalen Spezialisten sehen, ähnlich wie Venmo in den USA oder Swish in Schweden.

Was bedeutet euer Pivot für die Kunden von CASHLINK?

Zunächst einmal werden bestimmte Kooperationen wie das Cashback-Programm, das wir gemeinsam mit der Hypo-Vereinsbank entwickelt haben, weiter bestehen. Unseren Kunden machen wir das Angebot, zu einem Partner in der Schweiz zu wechseln und dort den gewohnten Service in Anspruch zu nehmen. Aus unserer Sicht haben wir hier eine ideale Lösung für alle gefunden.

Wie kam es zu der Entscheidung, sich voll auf euer neues Produkt zu konzentrieren?

Mit dem neuen Fokus haben wir keine Entscheidung gegen unser altes Geschäftsmodell getroffen, sondern für ein Thema, für das wir brennen. Wir haben in vielen Gesprächen mit Startups und Investoren, aber auch im Rahmen unserer eigenen Finanzierungsrunden festgestellt, dass der Funding-Prozess mit vielen Hürden verbunden ist. Mit stokera wollen wir eine fortschrittliche, digitale Lösung bieten, um Kapital einzusammeln und in Startups zu investieren. Im Übrigen wollen wir das klassische Venture Capital nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Wie funktioniert die neue Plattform?

Wir standardisieren und vereinfachen den Investitionsprozess, indem wir Startup-Beteiligungen auf Blockchain-Basis übertragbar machen. Die Anteile werden in sogenannten Security Tokens widergespiegelt. Hinter jedem Security Token steht ein reeller Wert. Das bedeutet: Im Falle eines Exits des Startups steht dem Investor eine Beteiligung zu.

Was bedeutet das konkret für Startups und Investoren?

Der entscheidende Vorteil für Startups besteht darin, dass sie “on the go” Kapital aufnehmen können und so vor allem Kosten und Zeit sparen. In Zeiten, in denen wir alles mit Knopfdruck auf dem Smartphone erledigen, kann die Zukunft nicht darin bestehen, Stunden beim Notar zu verbringen, um eine Unternehmensbeteiligung zu fixieren. Sicherheit ist wichtig, allerdings können wir diese auch digital auf der Blockchain abbilden. So können wertvolle Ressourcen gespart werden und ein Startup sich stärker auf sein Grundprodukt konzentrieren. Ein Investor wiederum kann seine Anteile flexibel von zuhause aus managen. Ein weiterer Vorteil: Unternehmensanteile sind in Tokenform problemlos übertragbar. Wenn ich ein Investment auf klassische Weise tätige, ist es gar nicht so leicht, wieder auszusteigen.

Immer wieder geistern im Zusammenhang mit der Blockchain Betrugsfälle durch sogenannte Initial Coin Offerings, kurz ICOs, durch die Presse. Wo liegt der Unterschied?

Wir betonen ganz deutlich, dass ICOs für unser Geschäftsmodell keine Rolle spielen. Bei einem ICO werden meistens sogenannte Utility Tokens ausgeschüttet, die vergleichbar sind mit einfachen Gutscheinen. Wir arbeiten mit Security Tokens, hinter denen ein echter Gegenwert – in unserem Fall der Anteil an einem Unternehmen – steckt. So erhöhen  wir die Sicherheit für Investoren deutlich. Zudem haben wir stokera gemeinsam mit einer internationalen Top-Kanzlei nach deutschem Recht entwickelt und bieten Investoren so eine zusätzliche Sicherheit für ihre Investments.

Dennoch gab es doch sicher auch kritische Stimmen.

Die meisten wissen nicht, was es mit der Blockchain auf sich hat. Aber es ist doch so: Am Anfang einer jeden neuen technologischen Entwicklung stehen immer auch Ängste. Doch sobald der Mehrwert erkannt wird, wird eine Technologie geschätzt. Wir sind zuversichtlich, dass die Akzeptanz für die Blockchain in der Bevölkerung mit jedem positiven Anwendungsfall steigt. Insofern ist es einer unserer wichtigsten Aufgaben, Aufklärungsarbeit zu leisten, um diesen Prozess aktiv zu fördern.

Gibt es denn schon Partner oder sogar konkrete Use Cases für das neue Produkt?

Der erste Use Case sind wir selbst: Unsere Investoren werden zu den ersten gehören, die  Anteile an unserer Gesellschaft in Form von Security Tokens erhalten. So wollen wir den Proof of Concept zu zeigen. Darüber hinaus haben mehrere Startups bereits starkes Interesse bekundet. Im Accelerator-Bereich haben wir schon acht Partnerschaften geschlossen, unter anderem mit Startplatz Köln und der groundr aus Bad Homburg.

Das Gründerteam von CASHLINK (v.l.): Lars Olsson, Jonas Haag, Michael Duttlinger und Niklas Baumstark.

Wie schätzt ihr selbst die Komplexität eures neuen Produkts ein?

Die Technologie hinter unserer Plattform ist komplex, keine Frage. Aber es ist auch so, dass Komplexität Teil unserer DNA ist. Wir als Team knacken gerne Nüsse, wir gehen darin auf, komplexe Probleme zu lösen. Als die Idee konkreter wurde, haben wir gespürt: Das ist unser Ding, hier fühlen wir uns wohl.

Welche Voraussetzungen müssen Startups mitbringen, um das neue Angebot zu nutzen?

Für Startups ist es vor allem wichtig, dass es sich um eine Gesellschaft nach deutschem Recht handelt. Wenn das Startup außerdem schon einen klassischen Investor an Bord hat, ist das für uns ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Idealerweise bringt das Startup diesen Investor dann auch mit auf die Plattform. So steigt der Pool kontinuierlich und Startups können irgendwann mit wenigen Klicks Investoren finden. Diese wiederum können aus einer großen Bandbreite an Startups wählen, in die sie investieren möchten.

Das klingt, als wollt ihr langfristig mehr bieten als nur eine Tech-Lösung.

Stand jetzt sind wir eine Tokenisierungsplattform und ein Tech-Dienstleister. Durch den Netzwerkeffekt, den wir durch Wachstum erzielen können, ist es langfristig aber durchaus unser Ziel, den Austausch zwischen Startups und Investoren zu fördern. Wir öffnen ja heute schon unser Netzwerk, um  jungen Startups einen Mehrwert bieten zu können, beispielsweise bei der Suche nach Investoren.

Stichwort Netzwerk: Wie geht es mit eurem Team weiter? In welchen Bereichen wollt ihr in nächster Zeit wachsen?

Unser Team bleibt zusammen, so wie es ist. Wir stehen alle hinter der neuen Idee und ziehen an einem Strang. Wir rechnen damit, dass wir  in den kommenden Monaten stark wachsen werden, unter anderem im Marketing- und Sales-Bereich. Mit Blick auf unsere Technologie sind wir derzeit vor allem auf der Suche nach IT-Entwicklern, was sich momentan als große Herausforderung darstellt.

Ein bekanntes Problem. Wie blickt ihr sonst auf unser Ökosystem?

Klar konkurrieren wir mit den großen Unternehmen um diese Spezialisten. Aber durch unsere starke Tech-Prägung bekommen wir noch immer IT-Fachleute, die eine extrem hohe Qualität mitbringen. Ansonsten findet man in der gesamten Region, nicht nur in Frankfurt, alles, was man braucht: starke Partner, spannende Events und spannende Startups, die den regelmäßigen Austausch schätzen.  

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