„Die Suche nach dem Purpose“ für Unternehmer: innen
Autorin Tanja Tissen

* Dieser Beitrag ist Teil unserer Kolumne “Gründen mit Impact”. Hier präsentiert unser Kooperationspartner “Sozialinnovator Hessen”, Tanja Tissen als Autorin, regelmäßig Input aus der hessischen und deutschlandweiten Sozialunternehmer:innen Szene, um Brücken zwischen klassischer und sozialer Wirtschaft zu bauen.* 

Als Gründer:in kommst Du heutzutage um die Frage nach dem Purpose des Unternehmens nicht herum. Aber was ist „der Purpose“ eigentlich und was können klassische Unternehmen in puncto Purpose eigentlich von Sozialunternehmer:innen lernen?

Sozialunternehmen, welche auch Social Businesses genannt werden, werden mit dem expliziten Ziel gegründet, eine soziale oder ökologische Herausforderung zu lösen. Der Purpose eines Social Businesses ist also “Raison d’Être” der Unternehmung – ohne Purpose, kein Social Business!

Alle Aktivitäten zielen folglich auf die Maximierung der sozialen Wirkung ab. Statt vorrangig Profite zu maximieren, achten Social Businesses explizit darauf, dass alle (!) Akteure in der Wertschöpfungskette geachtet und soziale und ökologische Kosten internalisiert werden. So stellt Knärzje aus Brotresten ökologisch zertifiziertes Zero-Waste Bio-Bier her und Zubaka arbeitet eng mit Schulen und Ämtern zusammen, um Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf ihrem Bildungsweg zu unterstützen.

Fragen für einen Selbst

Ein Blick auf die Wertschöpfungskette bietet bereits das erste Indiz, um den Purpose des eigenen Unternehmens offenzulegen:

• Worin liegen Mehrwerte einzelner Prozesse und Interaktionen Deines
Unternehmens?

Das kann vom Einbeziehen nachhaltiger Akteure in Deine Lieferkette mithilfe von Projekten wie BuySocial, bis hin zum Überdenken ganzer Prozesse hinsichtlich Abfallvermeidung und Recycling mithilfe vom hessischen StartUp Upstream Eco führen. Um als Unternehmen aktiv zur Lösung (statt zur Verschlimmerung) globaler Probleme beizutragen, reicht es jedoch nicht, nur einzelne Prozesse und Transaktionen hinsichtlich ihrer sozialen Wirkung zu optimieren. Vielmehr stellen kleine Potentiale wie das Spenden von Mahlzeiten oder der eigenen Beratungsleistungen einen Schritt hin zur Entdeckung des Unternehmensweckes dar. Fragen, die darüber hinaus gestellt werden können, sind:

• Was zeichnet Dein Unternehmen bei (zukünftigen) Kund:innen, Lieferant:innen und Mitarbeiter:innen aus?
• Wie könnten auch andere von den Kernkompetenzen und (Neben-)Produkten
deines Unternehmens profitieren?
• An welchen Stellen könntest Du außerhalb des Profits weitere wichtige
Metriken wie Ressourcenverbrauch oder das Wohlbefinden Deiner
Belegschaft und Zulieferer:innen mit einbeziehen?

Profit und Purpose

Profit und Purpose stehen bei der Beantwortung dieser Fragen keineswegs im Widerspruch, sondern werden vielmehr zu gemeinsamen Playern auf dem Feld der Wirkungsmaximierung. So investiert Einhorn über 50% der Gewinne von Kondomen und Periodenprodukten in soziale und nachhaltige Projekte entlang der Lieferkette und Viva con Agua konnte bereits 3,6 Millionen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichen.

Wie diese beiden Sozialunternehmen zeigen, liegen Profit und Purpose auch inhaltlich oft nah beieinander. Fakt ist jedoch, dass nachhaltige Startups soziale Verantwortung nicht etwa als ein „Nice to Have“–Nebenprodukt, sondern als verpflichtenden Kernbestandteil ihrer Existenz betrachten. Das unterscheidet Sozialunternehmertum übrigens auch von CSR-Aktivitäten. Dennoch, auch wenn Du (noch) keinen Großkonzern gegründet hast, lohnt sich ein Blick auf die eigenen, privaten „CSR-Aktivitäten“, um dem Purpose Deines Unternehmens auf die Spur zu kommen:

• Was sind Bereiche und Themen, die Dir am Herzen liegen für welche du bereits aktiv „spendest“ – sei es Deine Zeit, Dein Geld oder Dein wertvolles Know-How?
• Wie passen diese Aktivitäten zu wirtschaftlichen Aktivitäten Deines (zukünftigen) Unternehmens?

Nun hast du Dir bereits sehr viele, nach innen gerichtete, Fragen gestellt. Aber auch, wenn Du allein gründest, bist du mit Deinem Unternehmen niemals allein. Denn jedes Unternehmen hängt mit vielen, direkten und indirekten, Stakeholdern zusammen:

• Was ist Mitarbeiter:innen, Kund:innen, Lieferant:innen und anderen Partner:innen wichtig? Was liegt ihnen besonders am Herzen?
• Was sind Quellen ihrer (Un)-Zufriedenheit und wie kann Dein Unternehmen
diese nachhaltig adressieren?
• Wer ist außerdem von Deiner Lieferkette betroffen? Wie könntest Du diese
Menschen und ihre Bedürfnisse kennenlernen?

Der tatsächliche Purpose

Du bist dir nicht sicher, was Deinen Stakeholdern besonders wichtig ist? Dann frag‘ sie am besten selbst! Partizipative Organisationsstrukturen und ein ehrliches Miteinander sind nämlich ebenfalls ein fester Bestandteil sozialer Unternehmungen, die der Verband Deutscher Sozialunternehmer:innen (kurz: SEND e. V.) unter der sog. „Governance Dimension“ zusammenfasst.

Abschließend lässt sich sagen: der Purpose ist weitaus mehr als ein stark formuliertes Statement großer Worte. Vielmehr bildet dieser diese Summe aus Aktivitäten und Bestrebungen, die den sozialen und nachhaltigen Mehrwert Deines (zukünftigen) Unternehmens steigern. Hierzu lohnt es sich nicht nur, auf die eigenen Werte und „CSR-Maßnahmen“ zu schauen, sondern auch Partner:innen, Kund:innen und weitere Co-Creators deines Unternehmens zu befragen!

Du bist (angehende:r) Gründer:in und würdest gern mehr über Sozialunternehmertum und Wirkungsmaximierung erfahren? Dann connecte Dich am besten per Newsletter, LinkedIn oder Instagram mit dem SEND e. V. (send-ev.de).

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