Heute stellen wir euch das Impact Unternehmen tomoni mental health aus Frankfurt vor. Nach einem persönlichen Schicksalsschlag machten sich Alix und Oliver Puhl zum Ziel, Angehörige von Kindern und Jugendlichen zur Früherkennung von psychischen Erkrankungen zu befähigen. Tomoni mental health ist Sieger es des Hessischen Gründerpreises 2023 in der Kategorie „Gesellschaftliche Wirkung“.
Die Bewerbungsphase für den Hessischen Gründerpreis #HGP24 läuft noch bis zum 24.06.2024. Hier kannst du dich bewerben.
Was macht ihr und wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Unser Thema ist Früherkennung psychischer Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen.
2020 nahm sich eines unserer vier Kinder mit 16 Jahren das Leben. Emil litt an den Folgen einer Autismusspektrumsstörung und einer hierdurch zuletzt stark verschärften Depression. Beides wurde erst zwei Monate vor seinem Tod erkannt. Nach einem Jahr der Trauer wuchs der Wunsch, anderen Kindern, Eltern, Geschwistern und dem weiteren Umfeld unsere eigene Erfahrung zu ersparen und von einer psychischen Erkrankung Betroffenen das Leben zu ermöglichen, welches sie bei einer frühzeitigen Erkennung ihrer Erkrankung haben könnten.
Durch Gespräche mit Wissenschaftler*innen lernten wir, dass 75% der psychischen Erkrankungen ihren Anfang bereits im Kindes- und Jugendalter haben und Anzeichen psychischer Erkrankungen auch durch geschulte Laien erkennbar sind.
Also begannen wir, nach wissenschaftlich fundierten Angeboten zu suchen, die das Umfeld junger Menschen befähigen, Anzeichen psychischer Erkrankungen frühzeitig zu erkennen, um dann aktiv zu werden.
Ausgangspunkt unserer Suche waren von Anfang an die betroffenen jungen Personen und deren Innensicht. Und nach einer Umfrage bei mehr als 600 Lehrkräften deutschlandweit wurde es für uns klar, dass an Schulen Tätige die erste Umfeldgruppe sein würde, die es zu aktivieren galt.
Wir haben bereits 3 Angebote, die wir zur Zeit kostenlos anbieten können: tomoni.starts für an Grundschulen Tätige und tomoni.schools für an weiterführenden Schulen Tätige; jeweils 8 Module zu je 90 Minuten, digital, live & interaktiv zu den wichtigsten Themen: u.a. Depression, Angststörung, Essstörung, Autismus, AD(H)S und auch Suizidalität.
Für Eltern bieten wir regelmäßig 2 jeweils 90-minütige Webinare an: „Ist das Pubertät. Oder mehr?“ und „Das kleine 1×1 der psychischen Erkrankungen“.
Was ist euer Hintergrund und warum seid ihr die Richtigen, das Problem zu lösen?
Wir haben lange darüber nachgedacht, ob wir die richtigen sind, das Problem zu lösen.
Unsere Ursprungsidee war, wissenschaftlich fundierte Angebote zu finden und zu unterstützen, die das Umfeld junger Menschen befähigen, Anzeichen psychischer Erkrankungen frühzeitig zu erkennen, um dann aktiv zu werden.
Zu diesem Zeitpunkt hätten wir uns nicht vorstellen können, selbst unternehmerisch tätig zu werden, und noch viel weniger, diese Tätigkeit in Vollzeit zu unterstützen. Nachdem wir jedoch nach mehreren Monaten Suche im In- und Ausland nicht das gefunden hatten, was unseren Vorstellungen entsprochen hätte, gab es irgendwann keine Alternative mehr.
Im März 2022 entschlossen wir uns, tomoni mental health als gemeinnützige GmbH zu gründen. Inzwischen sind wir ein gewachsenes Team und bekommen Unterstützung von verschiedenen Beiräten.
Was sind die Rückmeldungen, die ihr von Betroffenen und Angehörigen zu eurer Arbeit bekommt?
Von einer Lehrkraft: “Ich habe die Fortbildung als sehr, sehr wertvoll wahrgenommen und finde, dass tomoni mental health eine tolle Gelegenheit bietet, sich in diesem schwierigen, komplexen, aber auch immer wichtiger werdenden Themenbereich vom Schulalltag weiter professionalisieren und sich austauschen zu können.”
Von einer Mutter: “Ich fand die Vorträge sehr wichtig, informativ und lohnenswert sich anzuhören. Sie waren toll gegliedert, viele wichtige Infos, sehr verständlich durch gute Beispiele. Es ist schon deshalb wichtig, sich diese Vorträge anzuhören, weil man gut informiert ist, dadurch früher Hilfe geben kann, weiß wo man Hilfe bekommt und vor allem merkt, dass man nicht allein ist mit den Problemen.”
Was ist euer größtes Learning bisher, das ihr anderen Gründenden mitgeben könnt?
Unser größtes Learning ist: Erst genau definieren, was das Problem ist, das zu lösen ist. Als nächstes Betroffene, Kund*innen und Interessent*innen befragen. Und dann das Wichtigste: anfangen und ausprobieren. Es folgt wieder: Kunden befragen, neu überlegen und immer weiter so. Fehler sind gut, denn nur daraus können wir lernen.
Wo seht ihr euch und euer Unternehmen in 5 Jahren – und was steht noch Spannendes auf dem Weg dahin an?
In 5 Jahren wissen alle, die mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten, wie wichtig die Früherkennung von psychischen Erkrankungen ist und haben bereits mindestens eine Fortbildung bei tomoni besucht. Bis dahin werden wir ergänzende Fortbildungen für Eltern erarbeitet haben und ein ganz neues Angebot für Kinder und Jugendliche, deren Freund*innen betroffen sind, wird ebenfalls regelmäßig angeboten. Dann ist es nicht mehr Glück, dass im Umfeld eines betroffenen Kindes oder Jugendlichen jemand ist, der eine psychische Erkrankung erkennen kann, sondern Normalität. Betroffene Kinder erhalten so die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und die Entfaltung ihrer schulischen und sozialen Fähigkeiten.
Was bedeutet Hessen für euch?
In Frankfurt hat alles angefangen und wir haben und erhalten weiterhin großartige Unterstützung, für die wir sehr dankbar sind.
Inwiefern hat es sich für euch gelohnt, am Hessischen Gründerpreis teilgenommen zu haben? Erzählt uns, was sich seit dem Preis getan hat.
Der Gründerpreis hat uns Sichtbarkeit verschafft, Kontakte ermöglicht und unser Team motiviert. Es ist ein großer Ansporn zu sehen, dass das Thema psychische Erkrankungen ernst genommen und für wichtig erachtet wird.
Was würdet ihr Unternehmen raten, die sich für den #HGP24 in Marburg bewerben möchten?
Wir können nur allen jungen Unternehmer*innen raten, sich zu bewerben. Die Möglichkeit des Sprechens vor anderen, um die eigenen Ideen zu präsentieren, der Austausch mit den anderen Start- Ups über die kleinen und großen Schwierigkeiten des Alltags, die Erfolge, die schweren Momente und die Chance, etwas zu bewegen, sind unbezahlbar.
Weitere Beiträge
Hier kommt ihr zu weiteren Artikeln unserer Reihe „Hessischer Gründerpreis Sieger im Interview“ und hier noch mal zum Bewerbungslink 2024.