Erfolgsfaktor Gründer(team): die Investorenperspektive
BMH-Geschäftsführer Dr. Steffen Huth.

In der Serie BBB – BMH Business Bootcamp – beschäftigt sich das Team der BMH Beteiligungs- Managementgesellschaft Hessen mbH mit sämtlichen (Finanzierungs-)Themen, die die Gründer- und Investorenszene bewegen. Ein Business Bootcamp für Startups, angefangen von der Standortwahl, über Finanzierungsformen und Entwicklungsphasen, bis hin zum Personal. In der heutigen Ausgabe gibt BMH-Geschäftsführer Dr. Steffen Huth einen Einblick in die Investorenperspektive zum Entscheidungsfaktor Gründer(-team).

Dass sich Investoren – egal ob Business Angel oder VC-Investor – bei ihren Beteiligungsentscheidungen genau mit ihrem Gegenüber befassen, sollte wenig überraschend sein. Dabei gilt: Je weniger entwickelt ein Startup ist, desto mehr liegt der Investorenfokus auf den Personen, die das Unternehmen führen und damit für das künftige Wachstum verantwortlich sind. Es ist genau diese persönliche Ebene, die bei Gründern vor allem die folgenden zwei Fragen aufwirft. Habe ich einen Nachteil, wenn ich alleine gründe? Und welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte ich bzw. sollten wir als Team beim Pitch transportieren?

Investorenpräferenz: Einzelgründer oder Gründerteams?

Dem Deutschen Startup Monitor 2022 zufolge liegt die durchschnittliche Teamgröße bei 2,4 Personen. Der Anteil von Sologründungen macht gerade einmal 19 Prozent aus. Ein Beweis, dass Teams bessere Erfolgschancen, auch hinsichtlich Investorengelder, haben? Eine direkte Kausalität lässt sich hier wohl kaum herstellen. Unserer Erfahrung nach können manche Einzelgründer wesentlich mehr Vertrauen erwecken als das ein oder andere Gründerteam. Zweifellos bringen Einzelgründer das Risiko mit sich, dass ihr Ausfall nicht einfach durch das Einspringen eines anderen Gründerteammitglieds kurzfristig kompensiert werden kann. Allerdings ist ein Team per se auch kein Erfolgsgarant, Stichwort Meinungsverschiedenheiten. Bei unseren Beteiligungsentscheidungen konzentrieren wir uns daher auf die Frage, ob die wesentlichen Eigenschaften und Fähigkeiten gegeben sind – sei es bei einer oder drei Personen.

Eigenschaften und Fähigkeiten eines „idealen“ Einzelgründers / Gründerteams

Aber was sind nun diese besagten Eigenschaften und Fähigkeiten? Grundsätzlich gilt auch bei dieser Frage, dass es nicht „die eine wahre“ Antwort gibt und jeder Investor sowie jeder Investmentmanager etwas anders denkt bzw. auf verschiedene Eindrücke unterschiedlich reagiert. Gewisse Grundsatzregeln gibt es dennoch:

Das erste Kriterium ist das der Komplementarität. Für Investoren ist es nicht nur wichtig, dass es einen Experten für das Produkt und/oder die Dienstleistung des Startups gibt. Genauso geschätzt wird kaufmännische Expertise – sei es Erfahrung im Bereich Finanzen und Controlling oder auch im Marketing und Vertrieb. Sie versetzt ein Startup in die Lage, neben den fachlichen auch die finanziellen Herausforderungen wie Investitionsplanung und Liquiditätsengpässe zu meistern. Speziell Gründer im Technologiesektor tendieren unserer Erfahrung nach dazu, den Stellenwert nicht-technologischer Kenntnisse und Fähigkeiten zu unterschätzen. Wie bereits angesprochen, müssen die verschiedenen Fähigkeiten nicht zwangsläufig durch unterschiedliche Personen verkörpert werden. Bei Gründerteams kann die Trennung von Kompetenzen zwischen Personen jedoch bei der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche und damit bei der Effizienz im Management helfen. Bei Sologründern sind es meist Seriengründer, denen es dank ihrer Erfahrung gelingt, das Kriterium der Komplementarität zu erfüllen.

Die anderen Kriterien

Eine der oftmals weniger beachteten Fähigkeiten bildet das zweite Kriterium: die Fähigkeit des Fundraisings. Kaum ein Investor ist bereit, den Kapitalbedarf eines Startups alleine zu decken. Daher versuchen die meisten Investoren, sich einen Eindruck darüber zu verschaffen, ob das jeweilige Unternehmen wohl auch andere Investoren von sich überzeugen kann. Auf Basis folgender Anhaltspunkte können Investoren entscheiden: Kann das Startup VC-Investoren in ihrer eigenen Welt abholen, indem es die die gängigen VC-Metriken und -Abläufe kennt? Kann es komplexe Sachverhalte, beispielweise die Produkttechnologie, auch für Fachfremde knapp und verständlich erklären? Und bleibt die Argumentation auch bei Rückfragen und späteren Gesprächen stimmig oder verändern sich die Ausführungen von Mal zu Mal?

Das letzte Kriterium ist das Verhältnis von Harmonie und Konfliktfähigkeit. Während oftmals in Artikeln zu diesem Thema geschrieben wird, dass ein Team möglichst harmonisch auftreten muss, versuchen wir bei der BMH stets einen Eindruck zu gewinnen, ob Meinungsverschiedenheiten im Team offen angesprochen werden können. Natürlich suchen wir keine zerstrittenen Teams, allerdings kann eine konstruktive Streitkultur ein wertvolles Korrektiv bei wichtigen Entscheidungen und damit eine gewisse Sicherheit für Investoren darstellen. Auch bei Einzelgründern stellt die Fähigkeit zu konstruktiver Streitbarkeit ein wichtiges Asset dar, denn selbst als alleinige Geschäftsführung sind sie auf ein Team angewiesen, dass in gleichem Masse als Korrektiv dienen kann und sollte.

Gründerteams als Work-in-Progress

Für frisch angehende Gründerinnen und Gründer ist es wichtig zu realisieren, dass die zu treffenden Entscheidungen bzgl. Einzel- oder Teamgründung sowie der Rollenverteilung im Startup nicht für alle Zeit in Stein gemeißelt sind. Mit zunehmendem Wachstum und neuen Aufgaben werden Solopreneure ihr Team zwangsläufig erweitern müssen und damit höchstwahrscheinlich auch die Management-Ebene. Wer also als Einzelgründer startet, muss und wird in der Regel nicht für alle Zeit allein an der Spitze bleiben. Gründerteams werden ihrerseits mit zunehmenden Herausforderungen ihre Rollenverteilung und Zuständigkeitsbereiche weiter anpassen und optimieren – gerade bei größeren Gründerteams ist es auch nicht selten, dass ein Gründer später aus dem Unternehmen ausscheidet und ein anderer seinen Platz einnimmt. Zu diesem Zeitpunkt wissen die verbleibenden Gründer meist auch genauer, für welchen Bereich sie einen zusätzlichen Experten brauchen. Dass Gründer mit ihrem Startup wachsen werden und sich auch das Management über die Zeit anpassen wird, ist Investoren durchaus bewusst – was allerdings nicht heißt, dass die beschriebenen Eigenschaften und Fähigkeiten nicht von Anfang an gegeben sein sollten.

Weitere Beiträge

Hier kommt ihr zu weiteren Beiträgen aus unserer Kolumne “BBB – BMH Business Bootcamp”! In der letzten Ausgabe: “Entwicklungsphasen und Finanzierungsrunden eines Startups

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