AI Startup Rising: Eine Skalierungsplattform, die KI-Startups zum Erfolg verhilft
Tobias Kehl, Projektleiter bei AI Startup Rising

Wie Künstliche Intelligenz unser aller Leben verändern kann, was für Potenzial in Hessen steckt und was AI Startup Rising eigentlich ist, hat uns Tobias Kehl im Interview beantwortet.

Dieser Beitrag ist Teil unserer Kolumne Mittelhessen Spotlight. Hier präsentiert unser Kooperationspartner Foundershub Mittelhessen regelmäßig ausgewählte Artikel aus der mittelhessischen Gründungsszene, um die Vernetzung der Ökosysteme Frankfurt Rhein Main und Mittelhessen zu stärken.

Tobias führt AI Startup Rising als Projektleiter und setzt sich intensiv mit künstlicher Intelligenz auseinander. AI Startup Rising ist, neben Berlin, Hamburg und München, eine von vier KI- Modellregionen, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Deutschland finanziert werden. Tobias hat ursprünglich Maschinenbau an der TU Darmstadt studiert. Sein Interesse hat sich aber im Laufe der Jahre über Sensorik und Daten in Richtung des Maschinellen Lernen verlagert. Er verbrachte vier Jahre bei einem Corporate Startup (Ausgründung aus dem Mittelstand), das Komplettlösungen im Bereich der Industrie4.0 baut. Seit zwei Jahren ist Tobias nun am hessischen Zentrum für künstliche Intelligenz.

Was genau ist AI Startup Rising?

AI Startup Rising ist eine Skalierungsplattform für KI-Startups in Hessen, die eine „Leuchtkraft auf internationaler Ebene erreichen sollen“, beschreibt Tobias. Das Projekt unterstützt Startups von der frühen bis zur späten Phase. Angefangen bei der Begeisterung für KI bis hin zur Unterstützung in den Schritten der Vertriebsskalierung und Internationalisierung. Die Plattform soll KI spezifisch Lücken schließen, die in Deutschland und Mittelhessen im Supportbereich bestehen. Der Fokus liegt dabei momentan auch stark auf den späteren Phasen. Bei denen gäbe es aktuell so gut wie kein Angebot, berichtet Tobias.

„Wir als Rising-Programm konzentrieren den Gründungssupport des hessischen Zentrums für künstliche Intelligenz, hessian.AI“. Dabei arbeite das Projekt sehr eng mit der Forschung zusammen. Im Rahmen des Aufbaus von hessian.AI, fördert das Land Hessen unter anderem die Erweiterung der 22 vorhandenen KI Professuren auf 44. In Hessen Interdisziplinarität innerhalb der KI, aber auch in den Anwendungsbereichen zu fördern, nimmt dabei eine zentrale Rolle ein, berichtet Tobias. Daneben sei auch die Bereitstellung und der Umgang mit den entsprechenden KI-Recheninfrastrukturen eine wichtige Komponente des Vorhabens. Neben der Säule des Forschungstransfers durch Startups, wird geschaut, inwiefern anwendungsnahe Forschung unter anderem in künstlerische, soziale oder unternehmerische Bereiche übertragen werden kann. Hier nennt Tobias Projekte wie den European Digital Innovation Hub (EDIH), der eine Brücke zu mittelständischen Unternehmen schlagen soll. Das Artist-in-Science-Residence Programm, bei dem Künstlerinnen und Künstler mit KI einen kreativen Mehrwert schaffen können. Aber auch das Schulprojekt „KI macht Schule“, bei dem Schülerinnen und Schüler für KI Themen sensibilisiert werden sollen.

Künstliche Intelligenz hat ein großes Potenzial

Tobias schätzt den generellen Stand in Hessen in Sachen KI Involvement gut ein. Dennoch sieht er auch viel ungenutztes Potenzial. So gibt es nach seinen Einschätzungen zufolge etwa 10 KI-Startups in Hessen, die in den letzten Jahren entstanden sind und mittlerweile eine Größe haben. Genug, dass sie Investitionssummen im zweistelligen Millionenbereich einsammeln können oder bereits getan haben. Im Vergleich zu Ökosystemen, wie dem Silicon Valley, so empfindet Tobias, wird das hessische Ökosystem noch zu fragmentiert und zu sehr Stadt-fixiert gedacht. Hierzu sieht er die Verabschiedung von starkem Lokalpatriotismus als notwendig. So soll der Austausch unter den Player zu gefördert werden. „Wenn wir als Region vorankommen wollen, muss es egal sein, ob Hubs, Teams oder Infrastruktur in Mittelhessen, Frankfurt, Kassel oder Darmstadt angesiedelt sind. Wichtig ist, dass kooperativ gehandelt wird und dass die Umsetzung schnell geht“.

KI habe ein hohes Disruptionspotenzial und sei nicht mehr nur für repetitive Aufgaben, sondern auch zum Beispiel für kreative Prozesse geeignet, wie man an aktuellen Beispielen wie ChatGPT oder midjourney sehen kann. Das mache deutlich, dass man in den unterschiedlichsten Branchen einen Wandel sehen wird, so Tobias. Dass sich aktuell viel tut, sei vielen klar, aber mit welcher Geschwindigkeit sich KI aktuell entwickelt, sei den meisten nicht bewusst. So antizipiert Tobias, dass die Generierung von Bildern und Texten in den nächsten Monaten auf Videos ausgeweitet wird und Unternehmen zum Beispiel ganze Promovideos durch eine KI generieren lassen können.

Die Zukunft von KI soll keine Angst machen

Dass diese Zukunftsvorstellungen nicht nur positive Gefühle auslösen, kann Tobias nachvollziehen. „Das Gefahrenpotenzial ist immens groß, wenn ich zu einem Level komme, wo KI bestimmte Prozesse automatisiert und ggf. unkontrolliert durchführen kann“. Es sei also auch wichtig, sich über Regulierungen und Grenzen Gedanken zu machen. Dennoch plädiert Tobias dafür, dass wir uns nicht von Ängsten treiben lassen sollten. Zu enge Grenzen schränken Startups aus bestimmten Bereichen in ihrer Entwicklung sonst völlig ein. Ein Gleichgewicht zu finden, sei das Ziel.

Ein kritischer Aspekt hierbei sei, dass die fortgeschrittene Technologie heutzutage für viele Menschen so komplex geworden ist, dass es für sie schwierig ist, einen Zugang zu den zugrunde liegenden Prozessen zu finden und sie zu verstehen. Ein weiterer Faktor, der problematisch sein kann, ist der sogenannte Bias. Dieser entsteht durch die Verwendung von Daten, auf deren Basis KIs trainiert werden. Tobias nennt hier das Beispiel der Bildgenerierungsapp lensa.ai, welche bei der Erstellung von Bildern sehr stereotype Geschlechterrollen reproduziert hat. Der Grund dafür ist, dass lensa.ai ihre Daten aus verschiedenen Quellen bezogen hat, die eben genau solche stereotypen Bilder widerspiegeln. Es sei von großer Bedeutung, diese Aspekte kritisch zu betrachten.

Künstliche Intelligenz soll uns entlasten und unterstützen

Was Tobias persönlich daran interessiert, sei vor allem das große Veränderungspotenzial, dass der KI- Entwicklung inne liegt. Als Wunschvorstellung könne er sich zum Beispiel ein Assistenzsystem vorstellen, das uns gezielt bei Alltagsaufgaben unterstützt. „Reicht es nicht, wenn wir wertschöpfend 15-20h die Woche arbeiten und die Stunden, die wir eigentlich irgendwelche Klicks machen, Mails schreiben oder Tabellen ausfüllen, von einem anderen System übernehmen lassen. […] Sodass wir uns wieder auf die Sachen fokussieren können, die mehr sozialen und menschlichen Wert haben“. Aber auch die Stärkung des Ökosystems und die internationale Sichtbarmachung spornen ihn an.

Nicht zuletzt muss KI auch stärker im Klimaschutz eingesetzt werden, beschreibt Tobias. Technologie allein ist kein Allheilmittel. Sie kann aber gerade in der Kombination mit Entrepreneurship einen großen Beitrag leisten. Er hält fest: „Ich glaube, dass wir in Hessen auf einem guten Weg sind und wenn wir uns gegenseitig unter die Arme greifen, sehr viel Potenzial haben.“

Weitere Beiträge

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AI Startup Competition

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