Wann kommt die digitale Firmengründung per Mausklick?
firma.de Gründer Christian Manthey

Wer gründen möchte, fürchtet ihn. Wer schon gegründet hat, möchte wahrscheinlich nicht an ihn zurückdenken: Den undurchschaubaren Bürokratiedschungel voller Dokumente, die bei Notar, Bank und Ämtern einzureichen sind. Seit 10 Jahren bietet firma.de aus Wiesbaden, das sich stolz den One-Stop-Shop für Gründer:innen nennt, eine Abkürzung durch dieses Dickicht. Wir haben Gründer Christian Manthey gefragt, wie der Gründungsprozess demnächst vereinfacht wird und wann mit einer Gründung per Mausklick zu rechnen ist.

„Wir bieten das Rundum-Sorglos Paket. Damit schaffen wir das, was die Politik seit mehreren Legislaturperioden verspricht, aber nicht einhält“, erklärt Manthey stolz. Er kennt sich aus mit den bürokratischen Hürden für Firmengründer:innen. Und er könnte sich stundenlang über komplizierte Prozesse bei der Gründung auslassen: „Allein der steuerliche Erfassungsbogen umfasst über 600 freie Input-Felder. Die Hälfte ist für die meisten Gründer:innen gar nicht relevant. Aber das weißt du natürlich nicht, wenn du gründest“. Die letzten Updates des Finanzamts hätten das Ganze noch schlimmer gemacht.

Rund 40 Prozent der Kund:innen sind englischsprachig

In der Folge wären Gründer:innen abhängig von teuren Berater:innen. Vor allem betreffe das jene, die nicht perfekt deutsch sprechen. Das Beamtendeutsch verstehe keiner, der deutsch nicht als Muttersprache gelernt habe, so Manthey. Gut 40 Prozent der Kund:innen von firma.de sind englischsprachig. Auch Visum-Beratungen stehen deshalb auf der Angebotsliste des Wiesbadener Unternehmens. Die meisten kommen zu firma.de mit einer klaren Vorstellung, zum Beispiel der Absicht, eine GmbH oder eine UG zu gründen. Seit nunmehr zehn Jahren hilft firma.de bei der Abwicklung des Prozesses, erledigt lästige Aufgaben und kümmert sich um die Organisation der Dokumente. Ist die Firma einmal gegründet, bietet das Unternehmen auch die Vermittlung von Beratungsgesprächen mit dem Anwalt oder die Erledigung von Buchhaltung und Jahresabschlüssen zum Fixpreis an.

Ab 349 Euro können junge Gründer:innen ihr Startup bei firma.de gründen. Hinzu kommen Kosten für Notar und Handelsregister. Ein Fixpreis, bei dem viele Steuerberater:innen nicht mithalten können, berichtet Manthey. Denn Gründende bräuchten viel Zeit beim Onboarding, haben sie doch noch keine Erfahrung in diesem Bereich. Entweder werden von ihnen hohe Preise verlangt, oder Steuerberater:innen und Co. vermeiden Gründungsinteressierte in ihrer Kundschaft. Daher suche firma.de explizit Partnerschaften mit einem Gründer-Mindset.

Wann wird der One-Stop-Shop realisiert?

Ein Mindset, wie es die Bundesregierung(en) sich schon seit 2005 auf die Fahne geschrieben haben. Oder besser: In den Koalitionsvertrag. Auch die aktuelle Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat es in ihr Regierungsabkommen geschrieben: Den One-Stop-Shop, der Gründer:innen in nur einer einzigen Anlaufstelle das einfache Gründen ermöglichen soll. Bisher gibt es insgesamt sechs Stationen, die Gründungsinteressierte abklappern müssen, Das sind die IHK, die notarielle Beglaubigung, die Bank, das Gewerbeamt, das Handelsregister und das Finanzamt mit seinem Online-Dienst ELSTER.

Doch ist es denn realistisch, dass dieser offizielle One-Stop-Shop bald realisiert wird? Manthey glaubt, dass das so schnell nicht passieren wird: Viele der oben aufgezählten Institutionen lägen im Verwaltungsbereich der Länder, im Falle der Finanzämter wären es sogar die jeweiligen Kommunen, die ihre Verwaltungsprozeduren selbst festlegen. „Es gibt in jeder Behörde Bedenkenträger und Besitzstandswahrer. Der One-Stop-Shop ist eine Kuh, die seit 17 Jahren durch’s Dorf getrieben wird“, ist sich Manthey sicher.

firma.de “will das schaffen, was die Bundesregirung bis heute nicht vollbracht hat”

Ein kleiner Schritt in Richtung Digitalisierung und leichteres Gründen kommt dennoch auf Gründungswillige zu. Ab dem ersten August tritt das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Digitalisierungsrichtlinie in Deutschland in Kraft. Im Zuge dessen können Gründer:inen beispielsweise ihre GmbH-Gründung online per Videokonferenz vom Notar beglaubigen lassen und müssen nicht mehr persönlich vor Ort erscheinen. Die oben genannten zusätzlichen Anlaufstellen bleiben jedoch weiterhin bestehen – und damit auch das große Ziel von firma.de, sagt Manthey: „Wir wollen das schaffen, was die Bundesregierung bis heute nicht vollbracht hat: die digitale Firmengründung per Mausklick.“

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