Zero Waste, bio und aus Brotresten – Knärzje-Bier als Modell für Nachhaltigkeit
Das Knärzje Team (Foto: Knärzje)

Wer das hessische Wort Knärzje in eine Suchmaschine eingibt, der bekommt in letzter Zeit nicht mehr die Wortbedeutung vorgeschlagen, sondern das Startup Knärzje. Das braut nämlich Bier aus Brotresten, die sonst weggeworfen würden. Seinen Sitz hat das junge Unternehmen in Frankfurt. Für sein Bier wurde es mit dem „Zu gut für die Tonne!“-Preis des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ausgezeichnet. Knärzje will aber mehr sein als ein Startup — ein Modell für nachhaltiges Wirtschaften. Grund genug, einmal mit Co-Founder Daniel Anthes zu sprechen:

„Mit Knärzje führen wir ein Abfallproukt zurück in den Kreislauf“, erklärt Daniel Anthes. Er ist der kreative Kopf und Ideengeber hinter Knärzje. Anthes, Anfang 30, tätowiert und mit Bart, ist ein dynamischer Typ. Knärzje, das bedeutet eigentlich so viel wie Endstück eines Brotes. Der Teil also, der oft weggeworfen wird. Das Startup Knärzje verwendet dieses Brot, um Bier zu brauen. Damit bekommt das Getränk nicht nur einen besonderen Geschmack, es rettet das Brot auch vor der Tonne.

Knärzje setzt auf regionale Partner

In diesem Jahr wurde das Knärzje-Bier auch im Lebensmitteleinzelhandel gelistet, vorher konnte man es nur über den Webshop und in einzelnen Geschäften in Frankfurt kaufen. Seit Februar gibt es Knärzje auch in 25 Alnatura-Märkten, vor kurzem kamen 15 Tegut-Filialen hinzu. Alle Filialen befinden sich in der Region. „Uns ist es wichtig, dass das Bier regional bleibt“, erklärt Anthes. Das Bio-Brot kommt von der Bäckerei Biokaiser aus Mainz, gebraut wird in einer Brauerei in der Nähe von Frankfurt. Bisher laufe es ganz gut mit dem Verkauf vor Ort, zumindest würden die Supermärkte auch Nachschub bestellen, erklärt Anthes.

Das Bier in ganz Deutschland zu verkaufen, käme für Knärzje jedoch nicht infrage. Es solle ein nachhaltiges Bier bleiben, ein regional hergestelltes Bier. Ein ähnliches Bier in anderen regionalen Produktionsnetzwerken zu produzieren, könne sich Anthes hingegen gut vorstellen. Denn die DNA von Knärzje, das wird im Gespräch schnell klar, ist nicht, möglichst viel Profit zu schlagen. Vielmehr soll Knärzje ein Beispiel sein für die Verbindung von Nachhaltigkeit und Wirtschaft.

„Da wird Überschuss einkalkuliert, das ist absurd“

Um das zu verstehen, muss man zur Grundidee von Knärzje zurückgehen: Bei einem Aufenthalt mit Freunden in London hat Daniel Anthes ein Toast Ale getrunken, ein Brotbier. Nebenbei war er ehrenamtlich als Foodsaver tätig und wusste, wie viele Nahrungsmittel weggeworfen werden. Laut WWF alleine 1,7 Millionen Tonnen Brot – pro Jahr. „Da wird Überschuss einkalkuliert, das ist absurd“, sagt Anthes. Kurzerhand machte sich Anthes also daran, ein Bier aus Brotresten auch für den deutschen Markt zu kreieren.  Unterstützung bekam er dabei von ShoutOutLoud, einem Verein, der Nahrungsmittel rettet. Heute ist Anthes Vorstand des Vereins. Zusammen haben sie zum Beispiel PopUp-Restaurants und einen Foodtruck auf die Beine gestellt, die mit Lebensmittelresten kochen.

Im Jahr 2019 wurde Knärzje dann offiziell von Daniel Anthes und Co-Founder Ralf Wagner gegründet. Seit diesem Jahr ist Anthes Vollzeit für Knärzje tätig und kann sich ein Gehalt auszahlen. Davor war alles ehrenamtlich, Anthes hat von seiner Arbeit als Redner seinen Workshops zum Thema Nachhaltigkeit gelebt. Vor drei Jahren erschien sein erstes Buch, das er zusammen mit seiner Freundin Katharina Schulenburg geschrieben hat. Weil wir Essen lieben heißt es, und geht, natürlich, darum, wie man mit Resten kocht.

Knärzje ist Beispiel für eine neue Form des Wirtschaftens

Mit Nachhaltigkeit beschäftigt sich Anthes dabei schon seit dem Studium. Während seiner Arbeit beim Zukunftsinstitut hat der studierte Geograph und Publizist sich immer wieder mit dem Begriff Neo-Ökologie auseinandergesetzt. Das Zukunftsinstitut hat die Neo-Ökologie sogar als Megatrend identifiziert, also als sehr wichtigen Trend für die Zukunft. Der Begriff versucht, ein neues Verständnis von Wirtschaft und Umwelt zu entwickeln. Anstatt mit Wegwerfmentalität soll in Kreisläufen produziert und konsumiert werden. „Mit Knärzje wollen wir ein Exempel statuieren für eine neue Form des Wirtschaftens“, sagt Anthes. Damit ist Knärzje eine konsequente Entwicklung aus Anthes ideeller Vorarbeit beim Zukunftsinstitut. Einen Möglichkeitsraum für Innovation und Wandel, nennt Anthes selbst dieses Konzept.

Dass er und sein kleines Team also voll hinter ihrem Produkt stehen, welches sich übrigens das Etikett Zero Waste gibt, kommt auch bei den Kund:innen von Knärzje gut an. „Die Leute mögen, dass wir unser Produkt authentisch und offen vertreiben. Wir machen das aus Leidenschaft“, sagt Anthes. Was Knärzje dabei zugute komme, sagt Anthes, sei auch die Tatsache, dass Nachhaltigkeit vor allem in „urbanen Agglomerationen“, so nennt es der Geograph, ein Thema der Mitte sei: „Die Leute suchen immer häufiger nach nachhaltigen Alternativen zu den gängigen Biermarken“.

In den nächsten Monaten gehe es für Knärzje erst einmal darum, bei den Lebensmittelhändlern anzukommen und die Marke bekannt zu machen. Die Welt retten wird Knärzje mit dem ersten Brotbier Deutschlands nicht. Aber das Startup leistest seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit und kann als Skizze dienen für nachhaltige Ideen und Geschäftsmodelle.

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