Gerade haben sie noch bei Die Höhle der Löwen ihre neue virtuelle Debitkarte vorgestellt, jetzt ist die Karte von Finanzguru quasi aus dem Homeoffice gestartet. Die Gründer-Brüder Benjamin und Alexander Michel haben 2018 den größten Höhle der Löwen Deal der Geschichte eingefahren: eine Millionen Euro von Carsten Maschmeyer für die App, die Übersicht über alle laufenden Kosten und Einsparpotenziale bietet. Seitdem hat sich viel verändert, erzählt uns Benjamin Michel im Interview.
„Wir wollen mit unserer neuen Debitkarte eine Brücke schlagen ins Leben der Kunden“; erklärt Michel gleich am Anfang. Finanzguru bietet jetzt auch eine virtuelle Debitkarte zusammen mit den Partnern solarisBank und Visa an. Kunden können jetzt auch per Smartphone bezahlen – mit einer Karte für alle Konten. Die Idee: Wer mit der Karte zahlt, kann auf der App in Echtzeit alle Buchungen verfolgen und hat so seine Finanzen viel besser im Griff. Dabei kann jeder Nutzer entscheiden, mit welchem Konto er bezahlen möchte. Gleichzeitig hat Finanzguru die Funktion des Aufrundens integriert, mit der Kunden kleine Beträge sparen, das Geld spenden oder davon Bäume pflanzen lassen können. Das Feature ist allerdings vor allem für bestehende Kunden interessant: Für gut vier Euro im Monat bekommen Finanzguru-Kunden Zugang zur virtuellen All-In-One Debitkarte. Darin enthalten sind alle Finanzguru Premiumfunktionen, die sonst knapp drei Euro monatlich kosten.
2018 der große Durchbruch
„Unser Höhle der Löwen Auftritt vor zwei Jahren war der Durchbruch für uns. Mit Carsten Maschmeyer haben wir einen super kompetenten Partner gewonnen, der uns viel von seinem Wissen weitergibt, so zum Beispiel wie man mögliche Investoren überzeugt“, so Michel. Man dürfe aber nicht überbewerten, wenn man mal im Fernsehen zu sehen sei, erklärt er weiter: „Privat hat sich eigentlich gar nichts verändert.“
Für Finanzguru dagegen ging es steil nach oben: Von einer Handvoll Mitarbeitern und einigen tausend Kunden ist das Startup heute auf 23 Mitarbeiter und eine halbe Millionen Kunden gewachsen. Die Pläne für die Zukunft sind auch schon gemacht, berichtet Michel: „Wir sind noch lange nicht da, wo wir eigentlich sein wollen“. Die Expansion nach Europa steht auf dem Plan. Die gesetzlichen Weichen dafür seien in Europa gestellt, jetzt komme es darauf an, dass die Banken die technischen Schnittstellen für Finanzguru schaffen. Wann das geschehe, sei nur schwer planbar, vor allem zurzeit. „Es macht aber einfach Spaß, mit unserem Unternehmen Erfolge einzufahren und zu sehen, wie es sich entwickelt“, resümiert Michel. Das Motto von Finanzguru: Eine App anbieten, die man auch seinen Freunden empfehlen würde.
Corona bedinge generell nur sehr wenig das Geschäft von Finanzguru, konstatiert Michel: „Wir sind Videokonferenzen wie dieses Interview sowieso schon gewöhnt, daher fiel der Umstieg glücklicherweise nicht so schwer“. Wegen des Virus versuche Finanzguru, seine Kunden auf die Bedeutung von lokalen Händlern aufmerksam zu machen. Anlässlich des Hackathons der Bundesregierung hat das Startup sogar einen Kurzarbeitsgeld-Rechner entwickelt und in die App integriert. Dieser zeigt den Nutzern, mit wie viel Geld sie rechnen können und wo sie eventuell einsparen könnten.
Bei der Postbank nicht genügend Freiheiten
Das Knowhow haben die Michel-Brüder von ihrer vorherigen Arbeit bei der Postbank. Die Zeit dort sei super gewesen, die Zeit für eine Gründung jedoch mit Mitte 20 gekommen, die Strukturen in einem solchen Großunternehmen zu starr: „Wir hatten extrem geile Chefs und haben viel gelernt. Jedoch war es ein bisschen wie gegen Windmühlen zu kämpfen. Wir wollten unsere Ideen umsetzen und Innovationen auf die Straße bringen. Geld hat dabei nie eine motivierende Rolle gespielt, aber jede fünf Sterne Bewertung ist für uns der Grund, weiter zu machen.“ Die Gründung sei daher nur der nächste logische Schritt gewesen.
Die Zusammenarbeit der beiden Brüder funktioniere dabei sehr gut. Dabei kümmert sich Benjamin vor allem um Finanzen und rechtliche Themen, während Alexander sich um Personal und Marketing kümmert. Die Produktentwicklung teilen sich die beiden. “Wir haben einen guten Weg gefunden, unsere Stärken auszuspielen. Klar kommt es auch mal zu intensiven Diskussionen, die vielleicht ein bisschen emotionaler geführt werden als mit anderen Kollegen. Aber das ist auch gut, denn nur diese intensiven Diskussionen führen zu Fortschritt”, findet Michel.
Und wieso Frankfurt? Gegründet hatten die beiden Brüder eigentlich in Bonn, wo sie auch gearbeitet haben. Durch das Deutsche Börse Venture Network habe es sie aber nach Frankfurt gezogen. „Wir haben gesehen, dass wir dort bessere Chancen haben und durften kostenlos eines der Büros im Deutsche Börse Fintech Hub im Sandweg in Frankfurt beziehen“, erzählt Michel schmunzelnd.
Der Kontakt von Finanzguru zu den Geschäftspartnern Solaris und Visa bei der neuen virtuellen Debitkarte kam auch dank der Community in Frankfurt zustande: „Mittlerweile gibt es hier ein großes und spannendes Netzwerk. Man ist immer in Kontakt mit interessanten Leuten und kann sich die optimalen Partner suchen.“ Engen Kontakt pflegen die Brüder zum Beispiel zu den Gründern von Cashlink, seitdem sie zusammen im Fintech Hub ihren Platz hatten, und mit den Gründern von Clark. „Wir profitieren dabei sehr von dem Wissen von anderen Startups, die schon ein bisschen weiter sind als wir”, erklärt Michel.
Jetzt zu Corona-Zeiten arbeite Michel übrigens eher mehr als sonst: „Die Vorbereitung für die Höhle der Löwen war sehr intensiv, die neue Karte ist auch am Laufen. Ich bin ein chancenorientierter Mensch und wir hatten noch nie eine Herausforderung, die wir nicht irgendwie meistern konnten. Wir gehen bei Finanzguru immer vom ‘best case’ aus, denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“