In Zusammenarbeit mit AI Startup Rising | hessian.AI und EDITH stellen wir jeden Monat spannende KI-Startups aus Hessen vor und zeigen auf, welche KI-Lösungen in der Industrie bereits Anwendung finden. Als Leitfaden für die Artikelreihe dient die 2024 erstmals veröffentlichte und nach Branchen geclusterte „AI Startup Landscape Hessen”. Hier im Fokus: das Cluster Human Resources (HR).
HR-Mitarbeiter:innen müssen oft viele verschiedene Rollen zugleich einnehmen: Sie sollen Expert:innen für Personalmarketing, Employer Branding, Personalplanung und Vertragswesen sein und ganz nebenbei täglich eine Vielzahl an administrativen Aufgaben bewältigen. Der Einsatz von Automatisierung, Machine Learning (ML) und Künstlicher Intelligenz (KI) im HR-Bereich bietet Unternehmen neue Möglichkeiten, um diese Herausforderungen zu meistern. Sie können nicht nur bestehende HR-Prozesse optimieren und die Effizienz von Personalabteilungen steigern, sondern auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
In Hessen treiben innovative KI-Startups die digitale Transformation der HR-Branche voran. Die Schwerpunkte sind vielfältig – sei es, den passenden IT-Dienstleister zu finden (lynchronize), Kitapersonal aus dem Ausland zu rekrutieren (ProfiZentrale) oder Frauen in Führungspositionen zu bringen (Bunton).
Insgesamt macht das HR-Cluster zehn der 136 KI- Startups der AI Startup Landscape Hessen aus. Zwei dieser Startups – inga und metagame – haben wir uns genauer angeschaut.
Automatisierung von HR-Prozessen zur Effizienzsteigerung
In großen Unternehmen hat die Automatisierung von administrativen, oft repetitiven Prozessen in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Florian Schaible, Experte für Automatisierung und Digitalisierung bei der Daimler Truck AG (früher Daimler AG), hat diese Entwicklung dort von Anfang an begleitet. Was zunächst mit der (Teil-) Automatisierung von Prozessen wie dem Ausfüllen und dem Versand von Arbeitsverträgen begann, wird heute mithilfe von KI-Tools weiterentwickelt. Das Ziel ist eine vollständig KI- basierte Prozessautomatisierung zur Abarbeitung klassisch administrativer Tätigkeiten, in die eine menschliche Intelligenz nicht mehr eingreifen muss.
In mittelständischen deutschen Unternehmen sei die Digitalisierung dagegen noch nicht bei allen angekommen, sagt Jelena Klingenberg, Gründerin des Startups hppyppl, das sich auf agiles HR-Management spezialisiert hat: „Viele HR-Abteilungen, gerade in kleineren Unternehmen, arbeiten nach wie vor mit veralteten Methoden, was die Einführung von Automatisierung und KI erschwert,“ so die HR-Expertin.
inga: Mit Job-Bots gegen den Fachkräftemangel
Gerade bei mittelständischen Unternehmen ohne starke Arbeitgebermarke setzt das Startup inga neue Akzente beim Recruiting von Fachkräften. Seit 2017 hilft das Frankfurter Startup Unternehmen dabei, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Unter der Marke „Dein Traumberuf“ entwickelt inga für sie maßgeschneiderte Social-Media-Kampagnen, die gezielt passive Kandidat:innen ansprechen, die nicht aktiv auch Stellensuche sind, aber offen für einen Wechsel.
Viele klassische Ausbildungsberufe haben in den letzten Jahren an Attraktivität verloren. inga unterstützt nicht nur Unternehmen bei der Suche nach geeignetem Fachpersonal, sondern setzt sich gleichzeitig dafür ein, dass die Menschen, die in diesen Branchen arbeiten, eine Stelle finden, die zu ihnen passt. „Ich möchte, dass diese Menschen morgens aufstehen und gerne zur Arbeit gehen“, erklärt Co-Gründerin und Geschäftsführerin Corinna Haas.
inga legt Wert auf einen kurzen und unkomplizierten Bewerbungsprozess. Ein individualisierter Chatbot führt die Interessent:innen zunächst durch eine Reihe an Fragen, die auf das jeweilige Stellenprofil zugeschnitten sind. Bei erfolgreicher Beantwortung, also einem passenden Match, können sich die Kandidat:innen durch Angabe ihrer Kontaktdaten bewerben. Kurz, knapp und direkt über die Social-Media-Plattform.
Der Chatbot spielt mithilfe von eingebauten Pixeln Feedback an den Anzeigen-Algorithmus, um diesen stetig zu optimieren. Haas erklärt, dass in den Chatbots selbst jedoch keine KI steckt. Dieser wird in Absprache mit den Kund:innen vom inga-Team jeweils von Hand erstellt. „Dafür nutzen wir (aktuell) keine KI, da wir die Fragen sprachlich und emotional immer sehr genau an die jeweilige Zielgruppe anpassen. Das kann eine KI unserer Erfahrung nach (noch) nicht leisten.“
Die Bewerberdaten werden in einem weitgehend automatisierten Bewerbermanagementsystem gespeichert. Über das System können Kunden die Bewerber:innen durch automatisch generierte E-Mails kontaktieren und zu einem ersten kurzen Vorstellungsgespräch einladen. Erst danach geht es im nächsten Schritt mit den üblichen Bewerbungsformalitäten weiter.
Im Gegensatz zu traditionellen Bewerbungsverfahren erspart inga beiden Seiten viel Zeit und Mühe und schafft so Kapazitäten für die menschlichen Aspekte des Bewerbermanagements. Haas betont: „Lass die Maschine Maschinenarbeit machen, damit der Mensch Menschenarbeit machen kann.“
metagame: Zukunftsfähige HR-Lösungen durch Gaming und Esports
Mit einem revolutionären Ansatz bringt das Frankfurter Tech-Startup metagame frischen Wind in die HR-Branche: metagame nutzt „the Power of Play“, um durch Gaming und Esports Arbeitgebermarken zu stärken, den Teamgeist in Unternehmen zu fördern und diese im digitalen Zeitalter bei der Rekrutierung von Talenten zu unterstützen.
Pia Büßecker, Co-Gründerin und CEO von metagame, erklärt: „Wir arbeiten an einer Schnittstelle, die es so bisher nicht gab, nämlich zwischen Gaming und beruflicher Eignung. Unser Ansatz basiert auf der Überzeugung, dass das Verhalten von Menschen beim Spielen wertvolle Einblicke in ihre beruflichen Fähigkeiten geben kann.“ Um diese Verbindung herzustellen, kombiniert metagame wissenschaftliche Grundlagen mit moderner KI und ML. Das Startup hat eine Plattform entwickelt, die sowohl für Unternehmen als auch für die Generation Gamer interessant ist. Hier können Unternehmen auch „hidden Talents“ entdecken, die in herkömmlichen Bewerbungsprozessen oft übersehen werden.
Die Plattform basiert auf dem von metagame entwickelten wissenschaftlichen Framework „metaframe“, das es zukünftig ermöglicht, relevante Daten in Echtzeit zu erheben und zu analysieren, um die Stärken der Kandidat:innen zu erkennen und daraufhin ein perfektes Matching zwischen Talenten und Unternehmen herstellen zu können. Das hilft Unternehmen nicht nur dabei, passende Talente für offene Stellen zu finden, sondern auch bestehende Teams zu stärken. „Unser Ziel ist es, nicht nur den Rekrutierungsprozess zu unterstützen, sondern auch die Art und Weise, wie Teams in Unternehmen zusammengestellt werden, zu verbessern,“ so Büßecker.
Damit die „Power of Play“-Strategie für Unternehmen funktioniert, muss das Gaming in die Unternehmenskultur integriert werden. „Gaming als einmalige Recruiting-Maßnahme einzusetzen funktioniert nicht. Es sollte eine aktive Community im Unternehmen aufgebaut werden, sonst verliert das Ganze an Glaubwürdigkeit,“ erklärt sie. Nur wenn Gaming fest in der Unternehmenskultur verankert ist, wirken die damit verbundenen Recruiting- und Retention-Strategien authentisch.
Der Ansatz von metagame ist besonders für IT-lastige Unternehmen und Teams naheliegend, da in diesen oft eine hohe Affinität zu Gaming besteht. Doch auch Unternehmen anderer Branchen haben das Potenzial bereits erkannt. Büßecker ist überzeugt: „Gaming ist ein globales Phänomen, das junge Menschen weltweit erreicht wie kaum ein anderes. Und über unsere Formate erreichen wir die Zielgruppe genau dort, wo sie sind – beim Spielen in virtuellen Welten.“
KI-Startups als Treiber für moderne HR-Lösungen
Für Unternehmen, die ihre HR-Prozesse auf ein neues Level heben und sich in Zeiten des Fachkräftemangels sichtbar von der Konkurrenz abheben wollen, führt zukünftig kein Weg an KI vorbei. metagame und inga sind nur zwei Beispiele für KI-Startups, die die HR-Welt transformieren. Wer weitere hessische KI-Startups kennenlernen möchte, findet in der AI Startup Landscape Hessen 2024 einen umfassenden Überblick.
Diese KI- Landkarte ist eine Initiative des Projekts AI Startup Rising von dem Hessischen Zentrum für Künstliche Intelligenz (hessian.AI) und wird in Zusammenarbeit mit bmh, Starthub Hessen/ HTAI, STATION, AI Hub Frankfurt RheinMain, TechQuartier, Highest, Start2, StartMiUp, Science Park Kassel, EXIST sowie EDITH (weiter-) entwickelt und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.
Mehr dazu hier. Die Printansicht des Posters ist hier zum download verfügbar.
Über die Artikelreihe
Hier geht es zu weiteren Artikel aus der Artikelreihe „Hessens KI-Vorreiter“ und hier zu weiteren Artikeln mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz.
Die Artikelreihe „Hessens KI-Vorreiter“ zeigt, wie Startups mit KI-Innovationen frischen Wind in die verschiedensten Branchen bringen. Der nächste Artikel wird den Fokus auf KI- Anwendungen im Health-Care Sektor legen. Die Reihe orientiert sich am Branchencluster der AI Startup Landscape Hessen. Diese KI- Landkarte ist eine Initiative des Projekts AI Startup Rising von dem Hessischen Zentrum für Künstliche Intelligenz (hessian.AI) und wird in Zusammenarbeit mit bmh, Starthub Hessen / HTAI, STATION, AI Hub FFM, Tech Quartier, Highest, Start2, StartMiUp, Science Park Kassel, EXIST sowie EDITH (weiter-) entwickelt und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Ansprechperson und Co-Autorin des ersten Artikels: karin.gessler@hessian.ai, AI Startup Rising | hessian.ai