„So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ — Wie Lillydoo bis 2022 klimaneutral werden möchte
Lisann Bähr leitet die „Mission Klimaneutral“ bei Lillydoo.

Nachhaltig, grün, umweltfreundlich — an diesen Buzzwords kommen Startups heute kaum mehr vorbei, vor allem im B2C-Bereich. Dass das keine Worthülsen sein müssen, zeigt Lillydoo. Das Frankfurter Startup produziert Windeln und andere Hygieneprodukte für Kleinkinder — seit kurzem auch klima- und plastikneutral. Wie das funktioniert, erfahrt ihr hier.

„Seit der Gründung von Lillydoo im Jahr 2015 entwickeln wir unter der Prämisse ‚So viel wie nötig, so wenig wie möglich‘“, erklärt Lisann Bähr. Sie leitet die „Mission Klimaneutral“ bei Lillydoo. Das Ziel: Bis 2022 soll das Startup klimaneutral sein. Das bedeute aber nicht, dass keine klimaschädlichen Stoffe ausgestoßen oder in die Umwelt gebracht werden. „In erster Linie muss das Produkt funktionieren“, sagt Bähr. Und manchmal klappe das eben nur unter Einsatz von Stoffen, die allgemein nicht als umweltfreundlich gelten.

Ein Beispiel: Windeln müssen dicht sein und viel Flüssigkeit aufnehmen können, dabei aber trocken bleiben, um die empfindliche Babyhaut zu schützen. Das funktioniert bisher nur mit sogenannten Superabsorbern. Das sind Polymere, also Kunststoffe, die ein Vielfaches ihres eigenen Gewichts and Flüssigkeit aufnehmen können. Sie machen, in der Form kleiner Kügelchen, den Kern der Windel aus. „Natürliche Stoffe können das bisher leider nicht leisten“, erklärt Bähr. Die Produktentwicklung arbeite zwar daran, doch bis dahin setze Lillydoo auf ein anderes Prinzip: die Kompensation.

Den CO2-Austoß kompensieren und reduzieren

Das funktioniert so, erklärt Bähr: Zuerst müsse man verstehen, wo wieviel CO2 im Unternehmen anfalle, zum Beispiel in der Produktion, aber auch für den Versand oder den Betrieb der digitalen Infrastruktur. Dieser Ausstoß wird dann kompensiert durch die Investition in Projekte, die dieselbe Menge CO2 speichern und damit der Eintritt in die Atmosphäre verhindern. Lillydoo arbeitet dafür mit ClimatePartner zusammen und beteiligt sich an einem Waldschutzprojekt in Parà in Brasilien. Das soll nicht nur den Regenwald vor Abholzung schützen, sondern auch Arbeitsplätze für dort lebende Familien schaffen.

Doch diese Art von Projekten steht immer wieder in der Kritik. Denn: Es wird kein zusätzliches CO2 aus der Luft gebunden. Stattdessen ergibt sich die Einsparung aus der Differenz zwischen der vom Wald gespeicherten CO2-Menge, und dem was bei einer Abholzung freigesetzt würde. Die tatsächliche Einsparung ist also eher theoretischer Natur.

Deshalb geht Lillydoo einen Schritt weiter, und setzt auch auf eine aktive Reduktion des CO2-Ausstoßes. Zum Beispiel bei der Konstruktion der Lillydoo Green Windeln. Ungebleichter Zellstoff im Inneren der Windel, verpackt in Papier statt Plastik. Aber auch hier lässt sich der Polymerkern — im Prinzip eine Art Plastik — bisher nicht vermeiden. Deswegen setzt Lillydoo hier auf ein ähnliches Prinzip wie bei der Kompensation des CO2-Austoßes. Die Plastikmenge, die bei Lillydoo green verwendet wird und somit in den Wirtschaftskreislauf eintritt, wird ihm an anderer Stelle wieder entnommen. Dafür wird mit der Plastic Bank zusammen-gearbeitet. „Den Plastik-Fusßabdruck von Lillydoo green gleichen wir sogar positiv aus“, erklärt Bähr. Lillydoo lässt über die Zusammenarbeit zehn Prozent mehr Plastik aus der Umwelt entnehmen, als selbst verursacht wird.

Sowohl die Zusammenarbeit mit der Plastic Bank, als auch mit dem Waldschutzprojekt in Brasilien hat außerdem eine soziale Komponente: Die Plastic Bank bietet ärmeren Familien die Möglichkeit mit gesammeltem Plastik Geld zu verdienen, das Waldschutzprojekt soll lokale Bauern unter anderem beim Anbau der Açaí-Beere unterstützen.

Nachhaltigkeit muss nachgefragt werden

Nachhaltigere Lösungen sind aber auch über Lillydoo green hinaus in der Entwicklung, erzählt Bähr. So seien bereits heute die Feuchttücher ganz plastikfrei, die Verpackung der Selection und der Basic Windeln bestehe aus pflanzenbasiertem Plastik. Bis 2022 soll Lillydoo ganz klimaneutral sein. Doch das passiert nicht von heute auf morgen, weiß Bähr: „Wir definieren kurz-, mittel- und langfristige Einsparungsziele für jeden Bereich im Unternehmen.” Für die Berechnung und Umsetzung steht ihnen Climate Partner zur Seite. Denn: „Alle kleinen Einsparungen summieren sich auf und sind wichtig für unsere allgemeine Philosophie.“ Ganz konkret sollen sowohl Lieferungen als auch die Windel-Abos bald klimaneutral werden, dank einer Kombination aus Reduktion und Kompensation des CO2-Ausstoßes.

Einen kleinen Haken für die Kunden gibt es aber noch: Lillydoo green ist etwas teurer als die Lillydoo Basic Windel. Eine Packung der nachhaltigeren Windel kostet im Einzelkauf 13 Euro, die Standardvariante 11 Euro. Das setze sich aus den Materialpreisen zusammen, erklärt Bähr. So seien etwa Papierverpackungen etwas teurer als Plastikbeutel. Ob grünere Produkte in Zukunft günstiger werden, liegt auch an der Nachfrage: „Je mehr sich im Wettbewerb tut, desto öfter und damit günstiger werden nachhaltige Rohstoffe produziert“, so Bähr. Wird dann in Zukunft die gesamte Produktpalette auf Lillydoo green umgestellt? „Der erste Schritt ist: Wir bieten diese Alternative an und schauen wie sie angenommen wird“, lacht Bär.

Sunday Briefing - Dein kostenloser Newsletter aus dem Startup- und Innovations-Ökosystem FrankfurtRheinMain direkt ins Postfach.

Sunday Briefing - Der kostenlose Newsletter für Startups und Innovation in FrankfurtRheinMain.