„Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem, was Menschen sagen, und dem, was sie wirklich tun.“ Dieser Satz prägt nicht nur das LinkedIn-Profil von Daniel Putsche, Co-Founder von Horizon, sondern auch die Philosophie seines Unternehmens. Das Mainzer Startup unterstützt Firmen dabei, Produktideen auf den Prüfstand zu stellen – und zwar nicht mit klassischen Umfragen, sondern mit echter Kaufbereitschaft. Für diesen innovativen Ansatz wurde Horizon 2024 mit dem Gründungspreis „Pioniergeist“ der Investitions-und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) ausgezeichnet. Aus Mainz heraus bedient das Startup viele auch internationale Kunden. Wir sprechen mit Daniel Putsche.
Dieser Artikel ist Teil einer vierteiligen Serie “Spotlight Mainz”, die in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Mainz entstanden ist.

Erstmals wird in diesem Jahr der Mainzer Gründungspreis 2025 vergeben. Die Bewerbungsfrist wurde bis 22. April verlängert. Alle Infos zur Teilnahme findest du hier.
Die Preisverleihung findet am 6. Mai 2025 im Rahmen des Mainzer Gründungsfestival SELBSTSTÄNDIG im Alten Postlager statt.
Die Gründungsidee hinter Horizon
Daniel, was steckt hinter dem oben genannten Zitat?
Viele Unternehmen verlassen sich auf Umfragen, wenn sie neue Produkte oder Dienstleistungen entwickeln. Aber Menschen geben in solchen Befragungen oft sozial erwünschte oder theoretische Antworten. Die Realität sieht anders aus: Was jemand sagt, ist nicht repräsentativ für das, was er oder sie später tatsächlich kauft. Genau dieses Problem lösen wir mit Horizon.
Gab es einen bestimmten Moment, in dem du wusstest: Ich gründe Horizon?
Ja, der entscheidende Impuls kam aus meiner Zeit bei Candylabs, wo wir als Digitalberatung MVPs für Unternehmen entwickelt haben. Dabei habe ich immer wieder gesehen, wie Investitionsentscheidungen auf fragiler Datengrundlage getroffen wurden – oft basierend auf Umfragen oder Expertenmeinungen, anstatt auf echtem Nutzerverhalten. Unternehmen fragten potenzielle Kunden nach ihrer Einschätzung, ob sie ein Produkt kaufen würden, und verließen sich dann auf diese Antworten, ohne zu überprüfen, ob sich die Kaufabsicht in einer realen Entscheidung widerspiegeln würde. Das war eine systematische Schwäche, die sich durch viele Projekte zog. Ich habe mich gefragt: Warum wird nicht direkt getestet, ob ein Produkt im echten Marktumfeld funktioniert? Die Idee für Horizon entstand aus dieser Erkenntnis – wir wollten Unternehmen ermöglichen, Entscheidungen auf tatsächlicher Nachfrage zu basieren, nicht auf hypothetischen Antworten.
Welches Problem löst ihr genau?
Wir eliminieren das „Say-Do-Gap“ in der Konsumentenforschung. Klassische Marktforschung erhebt Meinungen, wir messen Verhalten, vor Markteinführung. Unternehmen können mit Horizon ihre Produktideen und -entscheidungen in echten Umgebungen testen – und so fundierte Entscheidungen hinsichtlich Verbrauchernachfrage treffen.
Wie verändert sich das Nutzerverhalten aktuell?
Die Kaufentscheidungen der Verbraucher verlagern sich zunehmend in die digitalen Kanäle. Sie entdecken und kaufen Produkte in vielen Fällen spontan und impulsiv auf Social Media, ohne lange zu überlegen. Klassische Marktforschung kann mit dieser Geschwindigkeit nur schwer mithalten. Horizon nutzt diesen Vorteil, indem Produkte dort getestet werden, wo Kaufentscheidungen getroffen werden – digital und in Echtzeit. Unternehmen spüren zudem den Druck, kundenzentrierter zu arbeiten, da datenbasierte Produktvalidierung aufgrund der teuren Bestrafung von Fehlentscheidungen unerlässlich geworden ist.
Pre-Seed Finanzierung 2022
Ihr habt 2022 in einer Pre-Seed-Runde 1,4 Millionen Euro eingesammelt. Wie hat euch dieses Investment vorangebracht?
Die Finanzierung hat es uns ermöglicht, unsere Technologie weiterzuentwickeln und erste Kunden zu gewinnen. Ohne dieses Kapital hätten wir nicht so schnell namhafte Kunden wie die Alte Leipziger, Louis, BSH, oder Miele gewinnen können.
Was ändert sich, sobald Investoren an Bord sind?
Man gewinnt wertvolle Sparringspartner, aber natürlich auch mehr Verantwortung. Investoren erwarten Wachstum und klare Strategien – das bringt Druck, aber auch Fokus.
Internationale Reichweite & Preise
Ihr wurdet vor kurzem mit dem Pioniergeist 2024 ausgezeichnet. Was bedeutet dieser Preis für euch?
Der Pioniergeist 2024 der ISB ist eine großartige Anerkennung – aber vor allem eine weitere Bestätigung dafür, dass unser Ansatz einen echten Nerv trifft. Schon zuvor wurden wir mit dem Startup-Newcomer Award von marktforschung.de und dem Pioneer Award von BSH ausgezeichnet. Diese Auszeichnungen zeigen, dass Unternehmen und Branchen zunehmend erkennen, wie wichtig es ist, Produktentscheidungen auf echte Nachfrage statt auf Meinungen zu stützen. Der Pioniergeist reiht sich in diese Erfolge ein und motiviert uns, Horizon weiter als den Standard für datenbasierte Produktvalidierung zu etablieren.

In welchen Märkten seid ihr bereits aktiv?
Unser Fokus liegt auf Westeuropa und den USA. Besonders spannend sind Märkte mit hoher Innovationsgeschwindigkeit – etwa Skandinavien, aber auch die Niederlande und UK. Die meisten Kunden haben wir aktuell noch im DACH Markt.
Mainz als Gründungsstandort
Warum hast du dich entschieden, Horizon in Mainz zu gründen?
Mainz bietet eine starke Mischung aus gutem Netzwerk, hoher Lebensqualität und der Nähe zu Wirtschaftsregionen wie Frankfurt. Ein weiterer entscheidender Faktor war die Finanzierung durch die ISB, deren attraktive Konditionen uns in der frühen Phase geholfen haben, Horizon auf stabile Beine zu stellen. Die Möglichkeit, hier ein Unternehmen mit Unterstützung regionaler Förderprogramme aufzubauen, hat die Standortwahl zusätzlich bestärkt.
Wie schätzt du Mainz als Standort für Tech-Startups ein?
Mainz hat Potenzial, aber als Tech-Standort muss es sich noch stärker positionieren. Das Rhein-Main-Gebiet bietet grundsätzlich gute Voraussetzungen – mit Frankfurt als Finanzzentrum, starken Hochschulen und einem wachsenden Ökosystem für Innovation. Dennoch fehlt es in Mainz selbst noch an ausreichend Risikokapital und internationaler Vernetzung. Um konkurrenzfähig zu bleiben, braucht es jedoch mehr gezielte Förderungen für Tech-Startups.
Produkt, Pitch und persönliche Tipps
Wie sieht dein aktueller Arbeitsalltag aus?
Wir arbeiten als Unternehmen remote-first, aber ich selbst bin vor Ort im Gutenberg Digital Hub, wenn ich nicht gerade unterwegs bin. Mein Tag ist eine Mischung aus Produktstrategie, Sales und Teamführung, aber ein großer Teil meiner Zeit geht auch in den direkten Austausch mit Kunden. Ich bin regelmäßig vor Ort bei Unternehmen, um ihre Herausforderungen besser zu verstehen und sicherzustellen, dass unsere Lösung optimal auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist.
Welche Fehler oder Rückschläge haben dich am meisten geprägt?
Anfangs haben wir auf die falschen Sales-Kanäle gesetzt. Wir dachten, dass bestimmte Inbound- und Partnerschaftsansätze schneller zum Erfolg führen würden, mussten aber feststellen, dass sie nicht die nötige Skalierung brachten. Das größte Learning war: Fokus schlägt alles – insbesondere im Vertrieb. Inzwischen haben wir unseren Ansatz komplett optimiert und setzen stark auf Outreach. Dieser direkte, proaktive Ansatz bringt uns deutlich schneller zu den richtigen Entscheidungsträgern und hat unser Wachstum entscheidend vorangetrieben.
Welchen Rat würdest du anderen Gründern geben?
Verkaufe dein Produkt bevor du es gebaut hast.
Bitte vervollständige die folgenden Sätze:
Auf meinem Schreibtisch steht immer … ein Cappucino 🙂
Dieses Buch hat mich unheimlich inspiriert … „Never split the difference“ von Chris Voss – ich finde Verhandlungsstrategie und -taktik unglaublich spannend. Eigentlich besteht unser ganzes Leben aus Verhandeln. Sei es privat mit dem Partner, in der Kindererziehung oder eben im Job. Das Buch ist eine echte Empfehlung.
Diesen Rat würde ich meinem jüngeren Ich geben … starte deine Karriere in Sales. Die Lernkurve ist steil, die erworbenen Fähigkeiten sind essentiell für späteren Erfolg und werden dir helfen, in kürzerer Zeit mehr zu erreichen.
Über Horizon
Horizon wurde 2021 von Daniel Putsche und Lutz Petrean gegründet. Das derzeit 9-köpfige Team arbeitet gemäß dem Ansatz “Remote first” dezentral an der SaaS-Lösung. Gerade mal ein Jahr nach Gründung haben bereits große Blue-Chip-Unternehmen Horizon fest in ihre Prozesse integriert. Die Software ermöglicht, anhand von Landingpage-Tests (oder auch Painted-Door-Tests) das Verhalten von Nutzer:innen auf strategische Fragestellungen zu analysieren. Auf dieser Basis können wichtige Entscheidungen mit höchster Datenqualität zu einem viel früheren Zeitpunkt getroffen werden als bisher.
Mainz City Guide von STATION
Im Mainz City Guide von STATION haben wir alle zentralen Informationen zum Mainzer Startup-Ökosystem zusammengestellt. Hier findest du Artikel im Startup-Spotlight Mainz, relevante Ansprechpartner:innen und nützliche Adressen für Gründer:innen in Mainz


Diese Artikelreihe ist in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Mainz entstanden.
Weitere Beiträge
Den Artikel zur Pre-Seed Finanzierung von Horizon findet ihr hier.
Die Preisverleihung der sechs Gewinner des Pioniergeist 2024 findet ihr hier.