Zusammen mit zwei lokalen Gründern hat Standsome aus Mainz in Kanada gegründet: Standsome Americas Inc. heißt das Unternehmen, das auf Lizenzbasis den Bau und Verkauf in Nordamerika organisieren wird. Ziel dabei: Kanada und die USA. Wie man eine Expansion plant, ohne die Partner je in live gesehen zu haben, und was eine chronisch entzündete Hüfte mit den Aufsätzen des Mainzer Startups zu tun hat, erzählt uns Gründer und CEO Leonard Beck im Exklusiv-Interview!
40 Minuten sitzen, 15 Minuten stehen, 5 Minuten Bewegung. So sollte eine Stunde Arbeit aussehen, erklärt Leonard Beck, Gründer und CEO von Standsome. Die Wirbelsäule sei einfach nicht dafür gemacht, in einer Position zu verharren. Standsome biete dafür die passende Lösung: Einfach zusammenstecken, auf den Tisch stellen und fertig ist der Stehschreibtisch. Das diene der Gesundheit, sei günstiger als einen neuen Tisch zu kaufen, langlebiger und obendrein noch nachhaltig – schließlich kommt das FSC-zertifizierte Holz aus nachhaltig bewirtschafteten russischen Nutzwäldern und wird in deutschen Handwerksbetrieben verarbeitet.
In Europa werden die Produkte schon verkauft, jetzt soll der nordamerikanische Markt erschlossen werden. Die größte Hürde dabei: Die richtigen Partner finden, erzählt Beck. Denn während der Corona-Zeit waren Besuche nicht möglich, die beiden Gründer in Kanada haben nie das Standsome-Team aus Deutschland getroffen. Wie ist das möglich? „Viele Zoom-Treffen und Kaltgetränke“, sagt Beck. Der Prozess habe insgesamt knapp ein Dreivierteljahr gedauert. „Wir haben von Anfang an auf Offenheit gesetzt. Wenn du oft miteinander sprichst, merkst du auch, wie dein Gegenüber drauf ist. Und es ging nicht immer nur ums Geschäft: Auch das familiäre Umfeld war immer wieder Thema. Trotzdem, wenn man dann Fotos sieht, gibt es diese klassischen Momente, dass man zum Beispiel denkt: Oh, der ist aber größer oder kleiner, als ich dachte“, so Beck weiter.
Knackpunkt Holz
Die kanadischen Gründer kommen übrigens aus dem Standsome-Netzwerk: Sie sind mit einem Freund von Co-Founder Dennis Albert in den Kindergarten gegangen. Standsome Americas Inc. ist eine eingetragene Firma und Lizenznehmerin von Standsome in Deutschland. So soll die Eigenständigkeit der kanadischen Gründung gesichert werden. Auch in Kanada werden Standsomes produziert – so wollen die Mainzer:innen ihrem Nachhaltigkeitsanspruch gerecht werden, denn lange Transportwege über den Atlantik fallen weg. Außerdem wird für jeden gekauften Standsome schon jetzt ein Baum von Life-Giving Forest e.V. gepflanzt, der Menschen mit Behinderung bei Aufforstungsprojekten im philippinischen Regenwald beschäftigt.
Generell war Holz seit Beginn der Pandemie ein Knackpunkt für das Startup: Corona hat die Beschaffung aus Russland erschwert, und seit Juli machen dem Unternehmen höhere Importzölle für russisches Holz zu schaffen. In Kanada wurde gerade die erste Charge produziert, stilecht gibt es auch eine Variante aus Ahorn. „Ohne die angespannte Lage auf dem Holzmarkt hätten wir dort schneller und günstiger produziert“, sagt Beck. Zumal Holzfirmen in Kanada noch kein Vertrauen in Standsome hätten und der Aufbau einer Geschäftsbeziehung damit ohnehin schwerer falle, auch wenn es den Proof of Concept für den europäischen Markt schon gebe.
Social Media und E-Commerce sind wichtige Kanäle für Standsome
Erschlossen werden soll der Markt jetzt wie auch in Deutschland vor allem über den eigenen Online-Shop und Social Media. Denn Standsome versteht sich nicht nur als Verkaufsplattform, auf Instagram und dem Blog des Startups gibt es immer wieder Gesundheitstipps, Behind the Scenes und aufwendig produzierten Content. Eine der ersten Stellen, die Standsome deswegen besetzt hat, war die einer Online Marketing Managerin. Für die Blog-Beiträge rund um Gesundheit bekommt das Unternehmen Unterstützung von „Captain Standsome“, bürgerlich Prof. Dr. Daniel Kaptain von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. So deckt das Unternehmen Themen wie Nachhaltigkeit, körperliche Gesundheit und Wohlbefinden ganzheitlich ab – und bleibt seinen Kund:innen auch über den Standsome hinaus im Gedächtnis.
Idee für Standsome kam aus eigenem Bedürfnis heraus
Auf die Idee für die Schreibtischaufsätze ist Beck mit seinem Mitgründer Albert übrigens bei einem Praktikum bei Thesius gekommen, einem Edtech-Startup, das von Michael Grupp von Bryter gegründet wurde. Eigentlich hat Beck Politikwissenschaften und Entwicklungspolitik studiert, Praktika in Landtagen und bei Abgeordneten gemacht – und bei Thesius Startup-Luft geschnuppert.
„Bei mir war es die chronisch entzündete Hüfte“, sagt Beck über die Idee zum Standsome. „Wir hatten im Büro einfach das Bedürfnis, im Stehen zu arbeiten. Als wir uns auf dem Markt umgesehen haben, da haben wir gemerkt, dass es keine gute Erweiterung für den Schreibtisch gibt.“ Bis dahin habe es nämlich nur zwei Typen gegeben: Aufsätze aus Pappe, die nicht lange halten und wenig nachhaltig seien. Und Aufsätze mit Gasdruckfedern für ein paar hundert Euro, schwer und nicht mobil. „Wir haben dann einfach ein Wochenende in der Werkstatt verbracht und uns selbst etwas zusammengebastelt“, erzählt Beck weiter. Am Ende heraus kam ein Stecksystem, das an verschiedene Körpergrößen angepasst werden konnte. Schnell hätten sie gemerkt, dass dieses Problem auch andere Leute hätten. Und die Produktidee war geboren. Mit einer befreundeten Flugzeugingenieurin haben sie das Design entwickelt, Ende 2016 wurde Standsome gegründet.
Das Startup-Leben sei genau das richtige für ihn, sagt Beck. Bei Standsome habe er viele Rollen und könne in verschiedene Bereiche reinschnuppern: „Mir liegt es, 80 Prozent von etwas zu lernen, die Perfektion ist nicht so meins. Und als Gründer kann ich mich einfach mit vielen Themen auseinandersetzen.“ Das große Ziel der Mainzer:innen, die übrigens auch Sieger des Hessischen Gründerpreises sind: „der“ Anbieter für stylische und gesunde Büromöbel werden. Zurzeit tüfteln Beck und sein Team auch schon an den nächsten Produkten: Eine reisetaugliche Version wird entwickelt, auch das Thema Arbeiten im Sitzen steht auf dem Zettel.
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