Die Entscheidung über den Sieger ist gefallen: Die Fachjury hat die Crowdfunding-Plattform bettervest aus Frankfurt/M. an die Spitze der nachhaltigen Vorreiter in der Branche “Börsen und Finanzdienstleister” gewählt. Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis ist die nationale Auszeichnung für Spitzenleistungen der Nachhaltigkeit in Wirtschaft, Kommunen und Forschung. Mit acht Wettbewerben, über 1.200 Bewerbern und 2.000 Gästen zu den Veranstaltungen ist der Preis der größte seiner Art in Europa. Die Auszeichnung wird vergeben von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, kommunalen Spitzenverbänden, Wirtschaftsvereinigungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Forschungseinrichtungen. Rahmen für die Verleihung ist der Deutsche Nachhaltigkeitstag in Düsseldorf, die meistbesuchte jährliche Kommunikationsplattform zu den Themen nachhaltiger Entwicklung.
Wir haben mit Patrick Mijnals (Gründer und Gesellschafter der bettervest GmbH) gesprochen.
Was bedeutet der Preis für Euch?
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis ist Europas größte Auszeichnung für ökologisches Engagement. Von daher lässt uns das nicht unbeeindruckt, gut 10 Jahre nach der Gründung zu den 100 Vorreitern der Transformation gezählt zu werden.
Die Währung in der wir bei bettervest denken sind aber die erzielten CO2 Einsparungen – inzwischen immerhin weit über 1.000.000 Tonnen. Und natürlich der Beitrag unserer Projekte auf die Social Development Goals der Vereinten Nationen, wenn sie zusätzlich noch auf das Bekämpfen von Armut, Geschlechtergerechtigkeit oder etwa die Gesundheit der Menschen im globalen Süden einzahlen.
Wie kam es zu bettervest “Pioniere im Nachhaltig Crowdinvesting” und wer steckt dahinter?
Ich glaube es war Ende 2006 als ich während meiner Arbeit als Berater und Autor für das Zukunftsinstitut bei einer Recherche auf eine britische Website namens „Tribe Wanted“ stieß. Dort hatten sich 5000 Menschen zusammengetan, um gemeinschaftlich einen Pachtvertrag für eine Südseeinsel abzuschließen. Je nachdem wie viele Pfund man investierte, erhielt man das Recht einige Wochen oder Monate dort zu verbringen. Ich war völlig „geflasht“ von dieser frühen Form von Crowdfunding, auch wenn es den Begriff damals noch nicht wirklich gab. Ich überlegte, wie man das Prinzip – völlig Fremde über das Internet hinter einem Projekt zu vereinen – für Nachhaltigkeitszwecke einsetzen könnte. Inspiriert von dem Buch „Faktor vier“ von Ernst Ulrich von Weizsäcker, kam ich auf den Gedanken, Energieeffizienzprojekte damit zu finanzieren.
Die Idee habe ich einige Jahre mit mir rumgetragen, aber nie umgesetzt. Bis ich sie im Jahr 2012 beim ersten Startup Weekend in Frankfurt gepitcht habe. Dort lernte ich meine späteren Mitgründer, den Programmierer Evgenij Terehov und den Unternehmer Torsten Schreiber kennen. Später kam noch mein Schulfreund Ingo Birkenfeld dazu und er stellte auch den Kontakt zur Energieeffizienzexpertin Marilyn Heib her, die auch heute noch Geschäftsführerin von bettervest ist. Das Startup Weekend, initiiert von Mario Hachemer, der einigen Lesern hier ein Begriff sein dürfte, war letztlich die Initialzündung für bettervest, und auch maßgeblich für das frühe Startup-Ökosystem in Frankfurt Rhein-Main.
Was ist deine Rolle, und wie hat sich diese seit der Gründung in 2012 verändert?
Einer der Gründe, warum ich 6 Jahre mit der Idee im Kopf rumlief war, dass ich mir eine Gründung oder gar die Rolle als Geschäftsführer für mich überhaupt nicht vorstellen konnte. Ich wollte nach meinem Studium der Kognitionswissenschaft und künstlichen Intelligenz eigentlich in die Forschung gehen. Ich bin dann aus reiner Neugier für ein Praktikum beim Zukunftsinstitut gelandet und dort dann überhaupt das erste Mal mit Wirtschaft in Berührung gekommen. Aber ich wollte als „alter Öko“ unbedingt etwas für die Umsetzung der Energiewende tun und merkte schnell, dass es nicht damit getan ist, nur eine vermeintlich gute Idee zu haben. So bin ich sozusagen widerwillig in die Rolle des Geschäftsführer geraten und dann ca. 7 Jahre dabeigeblieben. Inzwischen bin ich nicht mehr Teil des operativen Teams, als Gesellschafter aber weiterhin in strategischen Entscheidungen involviert und beratend für das Team tätig.
Als Berater für das vom hessischen Wirtschaftsministerium finanzierte Sozialinnovator Hessen Programm, versuche ich die Erfahrungen und das Wissen aus meiner Startup-Achterbahnfahrt des letzten Jahrzehnts an andere Gründer:innen weiterzugeben, insbesondere solche die gesellschaftliche Herausforderungen unternehmerisch lösen wollen.
In deinem letzten LinkedinPost hast du einige Menschen erwähnt, die Dich/euch begleitet haben und dies auch noch tun. Wen möchtest du besonders erwähnen?
Der galt in erster Linie natürlich der Crowd, also den vielen Tausend Bürger:innen, die wir mit der Plattform „empowered“ haben auch mit kleinsten Beträgen zu Investor:innen der Energiewende zu werden.
Aber unterwegs gab es noch eine kleine, aber sehr wichtige Crowd, nämlich die ersten Menschen die als Mitgründer:innen, Business Angels, Projektinhaber:innen und Mitarbeiter:innen an meine Vision von bettervest geglaubt haben. Ich war vom ersten Moment 2006 von der Wirkmacht solcher Crowd-Ansätze überzeugt. Aber selbst im Jahr 2012 war ja keineswegs klar, dass Crowdfunding / Crowdinvesting eine solch wirkungsvolle soziale Innovation werden würde, wie sie es heute ist. Ohne diese frühen Mitstreiter:innen wären alle späteren Erfolge unmöglich gewesen.
Was sind momentan eure spannendsten Projekte?
Ich bin über die Jahre schon häufig danach gefragt worden und meine Antwort bleibt die gleiche: Unsere Projekte sind eigentlich ziemlich „langweilig“, zumindest wenn man den Innovationsgrad als Maßstab anlegt. Die Technologien sind bewährt. Die Wirtschaftlichkeit klar berechenbar. Und die sozial-ökologische Wirkung eine direkte Folge der Finanzierung und Umsetzung der geplanten Maßnahmen.
Das war es eigentlich immer, was unsere Projekte ausgezeichnet hat, was natürlich nicht heißen soll, dass es keine Risiken gibt – im Gegenteil und darauf weisen wir immer sehr deutlich hin. Aber es ist leider ein weitverbreiteter, insbesondere politischer Irrglaube, wenn man annimmt wir bräuchten in erster Linie besonders innovative, spekulative und „spannende“ Projekte, um die globale Energiewende umzusetzen. Stattdessen müssen wir einfach handeln und bekanntes Wissen und Technologien zum Einsatz bringen.
Aber wenn du dennoch eine Antwort willst: Das nächste Projekt ist (immer) das spannendste, hier geht es zu unserem Projektnewsletter:
Was steht in den nächsten 5 Jahren an?
Wir befinden uns aktuell in einer sehr dynamischen Phase der globalen Transformation. Nie schienen die Herausforderungen größer, aber gleichzeitig ist auch das kollektive Bewusstsein für die Notwendigkeit eines schnellen Vorankommens größer als jemals zuvor. Von daher glaube ich, dass die kommenden 5 Jahr von einer extremen Beschleunigung dieser Transformationsprozesse geprägt sein müssen und werden. Energie wird dabei weiterhin das zentrale Thema bei bettervest sein, aber auch bei der Erfüllung der anderen SDGs gibt es eine gigantische Finanzierungslücke, in der die Crowd – also wir alle – eine entscheidende Rolle spielen können.
Für mich ganz persönlich habe ich auch eine neue Mission gefunden. Kennst du den Musik-Produzenten Rick Rubin? Er hat die Alben von Künstler:innen unterschiedlichster Genres und Epochen von Run-DMC und den Red Hot Chili Peppers, bis hin zu Adele oder auch Johnny Cash produziert und zu ihren größten Erfolgen begleitet – und das immer aus dem Hintergrund heraus. Wenn ich eine Vision für meine heutige Arbeit habe, dann die, der „Rick Rubin des Social Entrepreneurship“ zu sein 😊!
Ich glaube ich habe mich bei der Gründung von bettervest nicht schlecht geschlagen, aber meine Stärken liegen insbesondere in den frühen Phasen der Unternehmensentwicklung. Als Gründungsberater für SEND darf ich in meiner Arbeit jeden Tag bei vielversprechenden Sozialunternehmen meine Ideen beisteuern, vor dem einen oder anderen Fehler bewahren oder einfach als eine Mischung aus Seelsorger und Vollkontakt-Sparringspartner zur Seite stehen. Du bist Sozialunternehmer:in? Dann buch dir gerne hier einen Termin.
Über bettervest:
130 Projekte. 1,2 Mio. Tonnen CO2 Einsparung. 200.000 Menschen versorgt.
Die bettervest GmbH betreibt die Crowdfunding-Plattform, über die Bürger Energie- und Ressourcensparende Projekte finanzieren können und im Gegenzug eine feste Rendite erhalten. Dazu hat die bettervest GmbH eine internetbasierte Plattform entwickelt, und bietet neben der vollständigen Finanzierungsabwicklung auch das Projektmanagement und Marketing für geeignete Projekte an. bettervest finanziert mittlerweile auch Projekte in Afrika und Schwellenländern weltweit und möchte so nicht nur den Klimaschutz, sondern auch die Menschen in diesen Ländern unterstützen. Als Pionier in diesem Bereich erhalten wir immer mehr Zuspruch von Bürgern und Verbrauchern, die ihr Geld für Investitionen in unsere wirtschaftlichen und nachhaltigen Maßnahmen bereitstellen möchten. Zudem möchten wir nun unser Produktportfolio auch in den Bereich Anleihen als auch Co-Finanzierung mittels Institutionellen und anderen größeren Investoren erweitern.
Veranstaltungstipps:
Donnerstag 30. November 9:00- 22:00 @Heimathafen Wiesbaden: 3. Impact Day Wiesbaden. Anmeldung und Programm hier.
Donnerstag 30. November 18:00 – 20:00 @VillaGründergeist in Frankfurt: Wie funktioniert das mit dem Geld? Panel mit Startups und Investor:innen. Anmeldung und Programm hier.
Dieser Artikel ist Teil der Reihe “Impact Spotlight – Creating Impact Together” im Rahmen des 3. Impact Days Wiesbaden. Die Reihe ist in Auftrag und Zusammenarbeit mit StartHub Hessen, der zentralen Anlaufstelle für Start-ups in Hessen. Ein Projekt des Landes Hessen und Teil der Hessen Trade & Invest GmbH.