Von „Dinos und Einhörnern“ spricht Prof. Dr. Bastian Halecker wie selbstverständlich, wenn man ihn leidenschaftlich über das aktuelle Zeitalter von Startups, Kooperationen, Chancen für Mittelständler und der vielversprechenden Deep Tech-Brache referieren hört.
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Dieser Beitrag ist Teil unserer Kolumne Mittelhessen Spotlight. Hier präsentiert unser Kooperationspartner Foundershub Mittelhessen regelmäßig ausgewählte Artikel aus der mittelhessischen Gründungsszene, um die Vernetzung der Ökosysteme Frankfurt Rhein Main und Mittelhessen zu stärken.
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„Die Angst, das nächste große Ding zu verpassen, ist definitiv da“, sagt Prof Dr. Bastian Halecker, Entrepreneur, Gründer des Deep Tech Institutes und Professor an der XU Exponential University – Hochschule für Digitalisierung in Potsdam.
Wir leben in einer digitalen Zeit, die besonders viele neue Perspektiven und Chancen für Gründerinnen und Gründer mit sich bringt. Die Entwicklung von Technologie hat rasant zugenommen und weltweit wird extrem viel Geld in Technologie-Startups investiert. Prof. Halecker möchte etablierten Unternehmen und Startups gleichermaßen helfen, das Potential einer gemeinsamen Kooperation zu erkennen.
Es gehe aktuell nicht mehr darum, in Konkurrenz und Wettbewerb zu denken, sondern in Partnerschaften und Synergien. Hinzu kommt, dass sich alle Beteiligten datengetrieben und nutzerzentriert über einen experimentellen Ansatz schnell am Markt agieren müssen. Das gelingt zusammen oft besser als allein.
Was muss also passieren, dass „Dinos“ [Unternehmen, etablierte Mittelständler] mit „Einhörnern“, also Startups mit einer Marktbewertung von über einer Milliarde US-Dollar, kooperieren?
„Es gibt zu viele Lösungen für zu wenige Probleme“, sieht Prof. Halecker als eine der größten Herausforderungen. Man könne grundsätzlich davon ausgehen, dass es irgendwo auf der Welt bereits eine Lösung für ein Problem gäbe. Hier rät er Startups, den Markt genau zu beobachten, um zu analysieren und ebenso den richtigen Zeitpunkt für die Idee abzupassen. Vielmehr geht es darum initial ein spannendes Problem zu finden und den Zugang dafür z.B. über Kooperationen mit Etablierten aufzubauen und existierende technische Lösungen in einer Art Rekombination zu einem differenzierenden Produkt mit hohem Nutzen zu schaffen.
Nicht weniger wichtig sei jedoch der Kooperationswille der Dinos. Wer heute nicht erkenne, dass es aller höchste Zeit sei, auf neue Technologien und verstärkt die Digitalisierung zu setzen, der bleibe definitiv irgendwann auf der Strecke.
Mit seinem gleichnamigen Buch „Dino trifft Einhorn“ möchte Halecker vor allem eins: aufklären! Aufklären, um eine Basis der Verständigung zwischen Mittelständlern und Startups zu schaffen.
Im Startup-Umfeld gilt „Digitalisierung ist Business as usual“
Die Corona-Pandemie hat den Transformationsprozess der Digitalisierung beschleunigt und damit jedoch nur vorweggenommen, was Schritt für Schritt ohnehin gekommen wäre. Jetzt gelte es zu reagieren und den Prozess als New Normal zu etablieren, wie auch weiterzuentwickeln.
Wenn wir uns einmal die aktuell selbstverständliche Nutzung von online Video-Konferenzen veranschaulichen, dann schwingt hier für die Startup-Branche natürlich unter anderem eine erhöhte Flexibilität durch Ortsunabhängigkeit mit. Die Internationalisierung der Branche kann gefördert und so noch mehr Chancen flexibel genutzt werden. Als Nachteil steht dem jedoch die Herausforderung der Loyalität gegenüber. Vertrauen bildet in jedem Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnenverhältnis eine Basis, welche in diesem Beispiel durch hohe Abwerbeprämien ins Wanken gerät.
Unterschiedliche Startup-Charaktere und trotzdem nur das eine im Blick?
Ob erfolgreicher Exit, hohe Bewertung oder die Weltretter – Geld spiele nach wie vor eine starke Rolle in der Startup-Branche. Dies ließe sich gerade bei den Unicorns erkennen, dessen aktuelle Beispiele zeigen, wie lukrativ die Branche zumindest für Investoren sei.
Wo liegen also die Grenzen zwischen Erfindergeist, Wissensdurst und wirtschaftlichem Erfolg?
„Ich bin als Connector unterwegs und gehe damit bewusst in die Breite, um möglichst viele Menschen mit meinen Ansätzen zu sensibilisieren und entsprechend zu verbinden“, fügt Halecker an. Deshalb sei er auch gerne nach Mittelhessen gekommen [Vgl. Innovationsforum Mittelhessen am 02.02.2022]. In Mittelhessen finde man viele engagierte Leute, gute Mittelständler, spannende Ideen und gute Hochschulen. Vergleichsweise sei Hessen sehr aktiv in der Vernetzung von Mittelstand und Startup-Branche. Besonders hebt er hervor, dass das Engagement in Mittelhessen vorbildlich seien. Ein Netzwerk aus Regional Management, Hochschulen, Wissenszugang, Unternehmertum sowie Austauschmöglichkeiten bildeten die Basis für eine erfolgreiche Vernetzung, um die Startup-Szene bestmöglich zu strukturieren.
Das Beste kommt zum Schluss
Einen Tipp legt Halecker uns Mittelhessen noch ans Herzen: Mit BioNTech hätten wir ein super aktuelles Beispiel, welches repräsentativ und erfolgreich ist. Diese „Leuchttürme“ müssten hervorgehoben werden. Liebig und Röntgen waren gestern, BioNTech ist heute. Wir seien auf einem guten Weg mit unserem Engagement, denn Interdisziplinarität und Diversität sind absolute Treiber eines Ökosystems. Zudem muss gerade der Bereich Deep Tech (BioTech ist eine Deep Tech Kategorie) und vor allem der Transfer aus Forschung in die Praxis fokussiert und vor allem unternehmerischer angegangen werden.
Was ist der Unterschied zwischen einem Cluster und einem Business-Ökosystem?
Im Cluster schließen sich Gleichgesinnte immer zusammen. Im Ökosystem (Ecosystem) hingegen vermischen sich Interdisziplinaritäten. In einem Tech-Unternehmen müssten auch Design, KI – eine Industrie, die gar nichts mit der Basis des Unternehmens zu tun hat – zur Weiterentwicklung herangezogen werden. Jedes Unternehmen sollte von vorneherein Heterogenität und Internationalität fördern. Durch die Integration aller lebe das Ökosystem auf. Ganz klar müsse ein Schubladendenken aufhören.
Der Vorteil dieses Spill Over-Effekts sei nicht nur der finanzielle Gewinn, sondern eben auch der Return of Invest – natürlich auch in Arbeitsplätzen gemessen. Hierbei kann uns die kollaborative Zusammenarbeit von etabliertem Mittelstand mit Startups sowie der Forschung bzw. dem Deep Tech Bereich extrem behilflich sein.