Industry List verspricht richtigen Fertigungsbetrieb in ein paar Klicks
Die Industry List Gründer Maik Schwarz, Patrick Biermann und Jonathan Meier

Ingenieur:innen haben ein großes Problem: Wenn sie ein neues Bauteil entwickeln, dann dauert die Suche nach einem Fertigungsbetrieb oft sehr lange. Die Plattform von Industry List ist im Juli online gegangen und verschafft Abhilfe. Gut 1300 Fertigungsbetriebe sind bereits auf Industry List abgebildet. Im Moment suchen sie nach einer Seed-Finanzierung. Wie die drei Gründer aus Frankfurt die europäische Lösung für technische Bauteile werden wollen.

„Wir haben uns gefragt, warum wir in zehn Minuten ein Hotel in Sydney buchen können, aber Ewigkeiten für die Recherche von passenden Bauteileherstellern brauchen“, wundert sich Patrick Biermann noch heute. Zusammen mit seinem Kollegen und Freund Jonathan Meier produzierte er eigentlich Architekturbeleuchtung, als den beiden die Idee zur Gründung von Industry List kam. Mittlerweile ist die Plattform online, gegründet zusammen mit Maik Schwarz, der etwas später hinzu kam.

Auf Industry List können sich Ingenieur:innen den passenden Fertigungsbetrieb für ihre Bauteile anhand von über 500 Filtermöglichkeiten aussuchen. Der große Unterschied zu anderen Plattformen: Industry List sichert das reine Matchmaking. Das bedeutet, Suchende zahlen für den Zugang zur Plattform, die Fertigungsbetriebe sind kostenlos registriert. Auf anderen Plattformen kann man die benötigten Teile oft direkt bestellen, aber die Hersteller bleiben anonym. Ein großes Problem erklärt Biermann, denn „keine technische Zeichnung bildet die gesamte Komplexität der Bauteil-Anwendung ab“. Entwickler:innen wie er, sagt Biermann, sähen ein Bauteil als Teil eines Produkts. Und Fertigungsbetriebe sähen ein Bauteil eben als mehrschrittigen, durchaus komplizierten Fertigungsprozess. Und in dem gäbe es immer Optimierungs- und Anpassungspotenzial. Diese Möglichkeit haben die drei Gründer ihren Kund:innen bewusst gelassen und fördern deshalb den direkten Kontakt zwischen Anbietern und Suchenden. Ihr langfristiges Ziel: Die etablierte Herstellersuchplattform in Europa werden.

Mit Exist-Stipendium gestartet

Gestartet sind die Gründer mit dem Exist-Stipendium. Die gut 25-Seiten starke Bewerbung hatten sich Biermann und Meier zunächst allein vorgenommen, nebenberuflich. Kurzerhand haben die beiden Maik Schwarz mit ins Boot geholt, einen Geisteswissenschaftler mit Wirtschaftshintergrund und nicht wie Biermann und Meier Ingenieure. „Eine neue Perspektive“, so Biermann.

Das Exist-Stipendium wurde also genehmigt, die drei kündigten ihre Jobs und arbeiteten Vollzeit an ihrem Business-Plan. „Klar war das auch ein Risiko, wir waren ja in festen Jobs und zwei von uns hatten Familien. Aber das Exist-Stipendium ist eine einzigartige Möglichkeit, ein Jahr lang an einem Projekt zu arbeiten, und gleichzeitig ein Auffangnetz zu haben“, erzählt Schwarz über den Schritt in die Selbstständigkeit.

Der nächste Schritt: für Industry List: Startup BW Pre-Seed

Während des Stipendiums haben sich die drei gleichzeitig um eine anschließende Pre-Seed Finanzierung gekümmert. Und auch gefunden, und zwar in Baden-Württemberg. Das Programm ist eine Kooperation aus öffentlichen Trägern und der Wirtschaft. Aus privater Hand dabei: Bito Campus. Richard Haxel, Geschäftsführer des Bito Campus, haben sie bei einem Gründerfrühstück von Holm kennengelernt. Insgesamt kam so eine Seed-Runde von 400.000 Euro zusammen.

Zwischen den beiden Programmen stand für sie einige Monate lang die Arbeitslosigkeit. Bei der Zusage für Startup BW Pre-Seed „ist schon eine Last von uns abgefallen“, so Schwarz weiter. Stand jetzt erscheine zwar alles recht leicht, aber sie hätten auch alle Schritte dafür getan, dass es so klappt. „Den Gründer von Bito hätten wir zum Beispiel nicht kennengelernt, wenn wir nicht zum Gründerfrühstück gegangen wären“, sagt Biermann. Deswegen sei es für Gründer:innen wichtig, sich über die Angebote in der Region zu informieren und die Veranstaltungen zu besuchen, findet Schwarz: „Da ist schon viel passiert in FrankfurtRheinMain, aber da geht noch mehr. Gründer:innen sollten quasi über solche Angebote stolpern“.

Im Süden sitzen die meisten Fertigungsbetriebe

Für die Seed-Runde war dann allerdings Bedingung, dass Industry List seinen Sitz in Baden-Württemberg hat. Das sei auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine kluge Entscheidung, sagt Biermann. Denn im Süden Deutschlands sitzen die meisten Fertigungsbetriebe, nicht zuletzt wegen der starken Autoindustrie. Jetzt also pendeln die Gründer zwischen FrankfurtRheinMain, wo sie aktuell beim Goethe-Unibator in Frankfurt im Coworking-Space sind, und Heidelberg.

Seit dem Exist-Stipendium 2019 und heute sei also viel passiert, „eine sehr lehrreiche Zeit“, so Schwarz. „Wir sind drei unterschiedliche Charaktere mit verschiedenen Fähigkeiten. Da ist immer eine Reibung, die dich persönlich weiterbringt“. Die beiden waren vorher befreundet, genauso wie Biermann und Meier. Dass sie sich zu dritt so gut verstehen würden, sei ein echter Glücksfall. „Das kann man ja vorher nicht wissen. Für mich ist es manchmal wie mit Brüdern – man rauft sich mal, aber am Ende des Tages sitzt man doch zusammen, geht den gleichen Weg und liebt sich trotzdem“, sagt Biermann.

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