Auswirkungen des Coronavirus auf handelsrechtliche Jahresabschlüsse bei Startups
Daniel Spengemann, regionaler Koordinator der NextLevel Startup Initiative bei PwC Deutschland

Die Corona-Pandemie wirkt sich nicht nur auf die gegenwärtige Wirtschaftslage aus. Sie schlägt sich auch in den von den Startups für jedes Geschäftsjahr zu erstellenden und zu veröffentlichenden handelsrechtlichen Jahresabschlüssen nieder. Die Experten von PwC haben nachfolgend die Kernpunkte der Auswirkungen auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss zusammengestellt.

Ab welchem Geschäftsjahr wirkt sich die Corona-Pandemie auf das Zahlenwerk des handelsrechtlichen Jahresabschlusses aus?

Das IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer e.V.) ging bereits in den ersten Verlautbarungen im März 2020 davon aus, dass die aus der weltweiten Pandemie resultierenden Folgen für die Wirtschaft regelmäßig im Zahlenwerk von Jahresabschlüssen mit einem Abschlussstichtag ab dem 31. März 2020 zu berücksichtigen sind, je nach Einzelfall auch schon in Jahresabschlüssen für frühere, in 2020 endende Berichtsperioden.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss?

Die folgenden ausgewählten Corona-bedingten Sondersachverhalte müssen bei der Erstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses berücksichtigt werden:

Kurzarbeitergeld

Das Kurzarbeitergeld wird bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen und bei fristgerechter Anzeige bei der Agentur für Arbeit zunächst mit einem Anerkennungsbescheid festgestellt.

Der Arbeitgeber ist als Treuhänder nur für die Zahlungsabwicklung zuständig, da die Arbeitnehmer grundsätzlich selbst anspruchsberechtigt sind. Per Leistungsbescheid erstattet die Agentur für Arbeit die Vorleistungsbeträge dem Arbeitgeber. Die Zahlungsabwicklungen sind beim Arbeitgeber daher als sog. durchlaufende Posten zu qualifizieren und grundsätzlich erfolgsneutral ohne Erfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen. Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich beispielsweise dann ergeben, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt werden oder kein fristgerechter Antrag auf Erstattung bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung erfolgte bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgen wird.

Neben dem Kurzarbeitergeld kann der Arbeitgeber den Mitarbeitern den Verdienstausfall durch sog. Aufstockungsbeträge ausgleichen. Im Gegensatz zum Kurzarbeitergeld sind diese Bezüge als Bestandteil der Leistungs- und Entgeltpflichten aus dem Arbeitsverhältnis anzusehen und daher grundsätzlich erfolgswirksam als Personalaufwand zu behandeln.

Beiträge zur Sozialversicherung bei der Zahlung von Kurzarbeitergeld

Im Zusammenhang mit dem Kurzarbeitergeld kann sich der Arbeitgeber während des Bezugs von Kurzarbeitergeld auch teilweise oder vollständig Beiträge zur Sozialversicherung erstatten lassen. Im Unterschied zum Kurzarbeitergeld handelt der Arbeitgeber hier nicht als Zahlstelle, sondern muss die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin tragen und hat einen Erstattungsanspruch gegenüber der Agentur für Arbeit, der erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen ist. Auch in diesem Fall ist für die bilanzielle Berücksichtigung zum Abschlussstichtag entscheidend, ob der Arbeitgeber die sachlichen Voraussetzungen für die Erstattung erfüllt und der Antrag bis zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses gestellt worden ist oder so gut wie sicher gestellt werden wird.

Corona-Finanzhilfen

Im Zuge der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wurden in Deutschland verschiedene Finanzhilfen (z.B. November- und Dezemberhilfen sowie Überbrückungshilfen I und II) eingeführt. Wie bei dem Kurzarbeitergeld ist auch für die Bilanzierung der Corona-Finanzhilfen entscheidend, dass die sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung der nicht rückzahlbaren Zuwendungen durch den Empfänger am Abschlussstichtag erfüllt sind.

Sind die sachlichen Voraussetzungen erfüllt und wurde der entsprechende Antrag bis zur Beendigung der Aufstellung des Jahresabschlusses gestellt (oder wird er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestellt werden), darf nach Ansicht des IDW grundsätzlich eine Aktivierung des Anspruchs vorgenommen werden. Auf einen Erlass des Bewilligungsbescheid kommt es insoweit nicht an. Sind die sachlichen Voraussetzungen am Abschlussstichtag nicht erfüllt, scheidet eine Aktivierung des Anspruches bereits dem Grunde nach aus.

Als möglicher Indikator für die Erfüllung der sachlichen Voraussetzungen kann bei Corona-Finanzhilfen, bei denen die Antragstellung nur durch einen prüfenden Dritten (z.B. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) erfolgen kann, eine fristgerecht erfolgte Antragstellung bis zur Beendigung der Aufstellung des Jahresabschlusses angesehen werden. Kein Indikator für die Erfüllung der sachlichen Antragsvoraussetzungen stellen bereits zum Stichtag erhaltene Abschlagszahlungen dar. Soweit bis zur Beendigung der Aufstellung des Jahresabschlusses keine hinreichende Sicherheit über die Erfüllung der Voraussetzungen vorliegt, sind erhaltene Abschlagszahlungen daher nach Ansicht des IDW als Schuld zu passivieren.

In der Gewinn- und Verlustrechnung sind die vereinnahmten Corona-Finanzhilfen grundsätzlich erfolgswirksam unter den sonstigen betrieblichen Erträgen auszuweisen.

Vertragsverhältnisse und weitere Bilanzpositionen

Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie können sich zahlreiche weitere Besonderheiten ergeben. Dies kann insbesondere längerfristige Verträge, z.B. in Form einer einmaligen oder temporären Minderung von Mieten für Geschäftsräume und Betriebsstätten betreffen. Die bilanziellen Folgen dieser Sachverhalte sind ebenso wie mögliche Wertberichtigungen von Vermögensgegenständen oder die Notwendigkeit der Bildung von Rückstellungen im Einzelfall und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaft zu beurteilen.

Auswirkung auf die Berichterstattung im Anhang

Bei der Beurteilung der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit und der bei der Bewertung von Aktiv- und Passivposten erforderlichen Prognosen sind konkretisierte und belastbare Aussagen der Bundesregierung bzw. der Landesregierungen zur Durchführung von Stützungsmaßnahmen bzw. Gewährung von öffentlichen Unterstützungsleistungen aufzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn hierfür zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses noch erforderliche rechtliche Schritte ausstehen, deren Umsetzung jedoch erwartet werden kann. Die Berücksichtigung solcher Maßnahmen ist im Anhang zu erläutern.

Soweit ein Unternehmen nicht individuell von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen ist, besteht nach wie vor keine generelle Berichtspflicht.

Ein aus der Vereinnahmung von Corona-Finanzhilfen resultierender Ertrag ist grundsätzlich als Ertrag von außergewöhnlicher Bedeutung in den Anhang aufzunehmen, es sei denn der Betrag ist von untergeordneter Bedeutung.

Worauf muss sonst noch geachtet werden?

Auch nach mehr als einem Jahr nach dem weltweiten Ausbruch der Corona-Pandemie sind die Folgen auf die Wirtschaft nur schwer abzusehen. In Deutschland wurden bislang zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die wirtschaftlichen Folgen zumindest teilweise abzumildern. Die entsprechende Würdigung der einzelnen Maßnahmen im Zuge der Aufstellung von Jahresabschlüssen für Berichtsperioden, die im Kalenderjahr 2020 enden, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Insbesondere sollte eine separate und vollständige Dokumentation der Sondersachverhalte in Bezug auf Corona-Finanzhilfen und auf Kurzarbeitergeld vorgenommen werden, die vor allem die Erfüllung der sachlichen Voraussetzungen des Antragstellers sowie die Antragstellung selbst dokumentiert. Auswirkungen auf Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung können sich jedoch auch aus weiteren Corona-bedingten Sachverhalten, z.B. aus einer Unausgeglichenheit der Leistungsbeziehung aus längerfristigen Verträgen oder aus Wertminderungen im Bereich der Vermögensgegenstände ergeben. Auch hier sollte eine entsprechende Dokumentation für die Aufstellung des Jahresabschlusses vorgenommen werden. Darüber hinaus sieht der Anhang weitergehende Berichtspflichten zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie der jeweiligen Gesellschaft vor.

Die Autoren

Andreas Lindner ist Steuerberater bei PwC. Er unterstützt die PwC-Startup-Initiative NextLevel im Rhein-Main Gebiet und leitet den Bereich GCS (Global Compliance Services) am Standort Frankfurt am Main. Das GCS-Team unterstützt Startups bei der Bewältigung von allen buchhalterischen, steuerlichen und regulatorischen Verpflichtungen – von der Buchhaltung bis zur Abgabe der betrieblichen Steuererklärungen. Kontakt per E-Mail.

Daniel Spengemann ist Wirtschaftsprüfer bei PwC im Bereich Private Equity & Familienunternehmen und Leiter der PwC-Startup-Initiative NextLevel im Raum Rhein-Main. Durch seine langjährige Erfahrung erkennt er Herausforderungen frühzeitig und unterstützt Unternehmen diese zu bewältigen. Kontakt über LinkedIn oder per E-Mail.

Fabian Karau ist bei PwC im Experience Center/Consulting tätig und ist Regional Startup Business Driver der PwC-Initiative NextLevel im Raum Rhein-Main. Er verfügt über ein großes Netzwerk in der Startup Szene vor allem in München und FrankfurtRheinMain. Kontakt über LinkedIn oder per E-Mail.

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