Die 3 Stufen der Startup-Kultur und wie du mit ihnen umgehst
Dr. Christopher Oster von Clark

Wenn es um das Thema Unternehmenskultur geht, wird oft ein berühmtes Zitat von Peter F. Drucker eingeworfen: “Culture eats strategy for breakfast”. Ich bin kein Fan dieser Aussage, da viele Leute sie fälschlicherweise so interpretieren, dass Kultur wichtiger sei als Strategie. Um es klar zu sagen, Drucker meinte nicht, dass Strategie unwichtig sei – vielmehr, dass eine starke Kultur genauso wichtig sei für den Erfolg einer Organisation wie die Strategie. Die Strategie gibt das Ziel vor, das man erreichen will. Die Kultur ist die Energie, die einen dorthin bringt. Beides allein kann nicht funktionieren.

Ein Gastbeitrag von Dr. Christopher Oster, CEO und Gründer vom digitalen Versicherungsmanager Clark. Gestern ist der Wachstumschampion mit Sitz in Frankfurt übrigens auch in Österreich gestartet.

Die Strategie gibt das Ziel vor, das man erreichen will.
Die Kultur ist die Energie, die einen dorthin bringt.
Beides allein kann nicht funktionieren.

Eine großartige Strategie, aber keine Kultur, die das unterstützt, wird sich wie ein Spaziergang über Treibsand anfühlen. Keine Strategie, aber viel Kultur kann schnell einem kopflosen Hühnerhaufen gleichen. Jedes Unternehmen, das diese beiden Themen voneinander trennt, setzt seinen Erfolg aufs Spiel. Und während die meisten großen Unternehmen im Mittelpunkt dieser Diskussion stehen – ist für ein Start-up eine starke Unternehmenskultur noch viel wertvoller. Doch hier kommt die schlechte Nachricht: Start-ups achten oft nicht genug auf ihre Kultur.

Klar! Wir sind alle für unsere Kultur “bekannt” – aber das ist nicht selbstverständlich! Ich würde eher behaupten: Als schnell wachsendes Start-up oder Scale-up musst du dich noch mehr auf die Kultur in deinem Unternehmen konzentrieren. Der Grund dafür ist einfach: Schon in den ersten Jahren durchläufst du verschiedene Kulturstufen. Wie diese Phasen aussehen, was die Herausforderungen sind und wie man sie bewältigen kann, lässt sich grob wie folgt einteilen:

Anfangsphase: <20 Mitarbeiter

Ein neu gegründetes Unternehmen ist wie ein leeres Blatt Papier. Du musst es befüllen, bevor es jemand lesen kann. Das ist eine große Herausforderung. In diesem sehr frühen Stadium ist die Kultur, die du prägst und lebst, das wichtigste Gut. Sie kann zum Magneten für die ersten Mitarbeiter und sogar die ersten Kunden werden. Der erste Schritt besteht also darin, ein Bewusstsein für die Kultur zu schaffen, die du entwickeln möchtest und deine ersten Mitarbeiter entsprechend zu wählen. Gebe ihnen die Möglichkeit und Verantwortung, Einfluss auf dein Produkt zu nehmen, indem du ein offenes und vertrauensvolles Umfeld mit regelmäßigem Austausch pflegst. Einfluss zu haben und in der Lage zu sein, etwas zu verändern, macht die Anfangsphase eines Start-ups für viele zu einer interessanten Karrierechance.

Ich erinnere mich an die Zeit, als wir bei CLARK nur eine Handvoll Leute waren. Jeden Abend um 19.00 Uhr hatten wir ein kurzes “Check-out”, es war eher ein spontanes Treffen als eine formelle Besprechung. Wir kamen zusammen und teilten einfach das miteinander, was wir an diesem Tag erlebt haben, was wir gelernt haben, welche Ziele wir erreicht haben und was dies für CLARK bedeutet hat – alle waren so immer auf dem Laufenden, die Beziehungen untereinander waren sehr eng und alle waren zu 100 Prozent auf dem gleichen Level und engagiert.

Die Kultur ist ein Magnet für die ersten Mitarbeiter und sogar für die ersten Kunden.

Mittelgroße Start-ups: 20 – 100 Mitarbeiter

In Unternehmen mit 20 Mitarbeitern sind alle miteinander verbunden, die Kultur kalibriert sich quasi automatisch, weil die Menschen regelmäßig miteinander reden, sich treffen und austauschen. Aber dann erreicht man einen bestimmten Punkt, an dem man massiv wächst und 25, 50 oder 100 neue Leute dazu kommen. Die Formate, die du vorher hattest, funktionieren nicht mehr, und deine Mitarbeiter verlieren die Verbindung zueinander. Es ist so als ob, man sein kulturelles “Gleichgewicht” verliert bevor man es überhaupt bemerkt. Die Pflege der Unternehmenskultur ist in dieser schnell wachsenden Dynamik daher noch wichtiger. Der richtige Weg ist hier die Formalisierung der Unternehmenskultur, die einst durch Mund-zu-Mund-Propaganda vermittelt wurde. Sie muss dokumentiert, geschult und mit neuen Formaten gelebt werden. Die Bewältigung dieser Formalisierung und der kulturellen Prozesse erfordert ebenfalls engagierte Mitarbeiter und Ressourcen im HR-Bereich.

Alte Gewohnheiten aufzugeben ist nicht einfach. Unser spontaner Check-out der ersten Tage war bereits 2017 überholt, als wir die Hürde von 20-30 Mitarbeitern überschritten hatten. Wir haben neue Formate eingeführt: einen montags stattfindenden Unternehmens-Check-in und einen freitags stattfindenden Check-out – es ist vermutlich unnötig zu erwähnen, dass wir auch aus diesen herausgewachsen sind. Derzeit sind die wichtigsten Formate, um das gesamte Unternehmen auf dem Laufenden zu halten: regelmäßige All Hands Meetings, bei denen wir vor allem strategische Themen kommunizieren, CLARK Bazaars, die den Raum für den Austausch über aktuelle wichtige Initiativen bieten, und verschiedene Formate für Führungskräfte – denn bei einer wachsenden Zahl von Mitarbeitern spielen Führungskräfte eine wichtige Rolle bei der Förderung der Kultur (nicht nur bei der Leitung von Teams und Projekten, sondern auch als Vorbilder).

Noch bevor es einem bewusst wird, verliert man dieses kulturelle Gleichgewicht, wenn es nicht dokumentiert, trainiert und gelebt wird.

Auf dem Weg zum Scale-up: 100++

Ein schnell wachsendes Unternehmen zu sein, ist bereits eine kulturelle Herausforderung, aber irgendwann hast du vielleicht nicht mehr nur einen Standort. Bei CLARK haben wir derzeit drei Büros in Deutschland und ein Büro in Österreich. Wir expandieren in andere Märkte und wollen unser Produkt langfristig in ganz Europa anbieten. Dies bringt zusätzliche Komplexität mit sich. Je stärker du wächst – vor allem über Landesgrenzen hinweg – desto mehr musst du Werte und Kultur formalisieren sowie Anlässe aufrechterhalten und schaffen, um sie zu leben. Deine Kultur muss Schwarz auf Weiß auf Papier existieren. Deine Mitarbeiter müssen etwas haben, mit dem sie sich vom ersten Tag an identifizieren können. Der Unternehmenskultur auszuweichen oder sich nicht damit auseinanderzusetzen, ist keine Option. Um dies zu vermeiden, sollte deine Kultur auch in das Leistungsmanagement und die Feedback-Gespräche einbezogen werden… und wenn du Fehlverhalten feststellst, musst du auch harte Konsequenzen ziehen und aus kulturellen Gründen feuern. Kultur ist zerbrechlich, besonders in jungen Unternehmen.

Seit Ende Februar haben wir unsere Werte aufs Papier gebracht. Wir haben bereits im letzten Jahr den Prozess unserer Werteentwicklung begonnen, – das hat seine Zeit gedauert. Umso stolzer sind wir, dass wir etwas eingeführt haben, von dem wir zu 100 Prozent überzeugt sind. Wir freuen uns darauf, diese Werte mit verschiedenen Formaten und Aktionen zum Leben zu erwecken. Deshalb schaffen wir zusätzlich zu den ”offiziellen” Anlässen auch mehr Gelegenheiten, bei denen Mitarbeiter als Teams zusammenkommen und sich auf emotionaler Ebene austauschen können. Neben unseren Sommer- und Weihnachts-Parties gibt es regelmäßige Teamevents, Frühstücke und vieles mehr. Und wir feiern gute Beispiele von Einzelpersonen oder Gruppen, die positiv zu unserer Kultur beitragen – in unseren Freitags-Meetings, im internen Newsletter oder in Feedbackgesprächen. Bewusst darüber zu sprechen, ist etwas, was du als CEO oder Führungskraft immer wieder tun musst.

Je schneller dein Unternehmen wächst, desto mehr müssen die Werte und Kultur explizit gemacht werden.

Auf allen Stufen: Strategie und Kultur miteinander verbinden

Wie bereits erwähnt, ist Kultur kein Selbstzweck. Kultur muss auf den Zweck des Unternehmens einzahlen. Wenn der Zweck deines Unternehmens zum Beispiel darin besteht, “Transparenz in die Finanzmärkte zu bringen”, sollte deine Kultur auch Werte wie Transparenz und Ehrlichkeit beinhalten. Beides muss zusammen passen, um die eigene Strategie zu unterstützen. Im Laufe der Zeit kann sich das natürlich verändern. Der Zweck deines Unternehmens, die Vision und sogar die Werte deines Unternehmens. Auch hier ist Kultur kein statisches Thema, denn wenn dein Unternehmen wächst und entwickelt sich auch die Kultur weiter. Es ist in Ordnung, die Richtung zu ändern, wenn auch deine Mitarbeiter transparent darüber bescheid wissen und einbezogen werden.

Diese 3+1 Key Learnings aus den verschiedenen Phasen der Startup-Kultur lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Sei dir deiner Kultur bewusst und stelle die richtigen Leute ein, die die Kultur leben, die dein Unternehmen braucht. Beziehe die Menschen ein und gib ihnen die Möglichkeit und die Verantwortung, Einfluss auf dein Produkt zu nehmen.

In Zeiten massiven Wachstums wird die Kultur noch wichtiger und du musst sie als strategische Säule mit Personal, Ressourcen und Formaten behandeln, um die kulturelle Entwicklung zu bewältigen.

Passe dich immer an den aktuellen Zustand an, um Konsistenz zu gewährleisten. Je schneller dein Unternehmen wächst, desto mehr müssen Werte und Ihre Kultur explizit gemacht werden.

Stelle sicher, dass deine Kultur mit dem Zweck deines Unternehmens übereinstimmt. Du musst Strategie und Kultur miteinander verbinden!

Das ist sicherlich kein Sprint, sondern eher ein Marathonprojekt. Es erfordert Engagement und Ausdauer – vor allem von dir als Unternehmensführer. Aber wenn dein Unternehmen nachhaltig wachsen soll, musst du Kultur als eine Säule deines Businesses mit der gleichen Aufmerksamkeit behandeln wie Strategie, Produktentwicklung oder Marketing.

Clark sucht übrigens gerade neue Kräfte: einen Product Designer und einen Talent Acquisition Specialist.

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The three stages of startup culture and how to deal with it

Talking about company culture people often use a famous quote from Peter F. Drucker: “Culture eats strategy for breakfast”. I am not fan of that saying as many people mistreat this as prioritisation of culture over strategy… To be clear he didn’t mean that strategy was unimportant – rather that a powerful culture was as important as the strategy to organisational success. Strategy is where you want to go. Culture is the energy that gets you there. Both alone can not work.

Strategy is where you want to go. Culture is the energy that gets you there. Both alone can not work.

A great strategy but no culture will feel like walking in deep sand. No strategy but great culture will feel like headless chickens. Any company disconnecting the two are putting their success at risk. And while most of the time big corporates are in the focus of the discussion – a great culture is even more valuable to a startup. But here’s the bad news: Startups often don’t pay enough attention to their culture.

Sure! We’re all ‘known’ for our great culture – but this is nothing to be taken for granted! I would rather claim: As a fast growing startup or scaleup you need to put even more focus on culture. The reason is simple: Already in the very first years, you are facing different stages of culture. Here is how these stages look like, what the challenges are and how you can manage them:

Early stage: <20 employees

A newly founded company is like a blank sheet of paper. You have to fill the paper before somebody can read it. This is a big challenge. In this very early stage, the culture that you shape and live is your first and foremost asset. The culture you form will be a magnet for the first employees and even the first customers. So, the first step is having awareness of the culture you want to form and hire the people accordingly. Give them the opportunity and responsibility to have impact on your product, by nurturing an open and trusting environment with regular exchange. Having impact and being in a position to change something is what makes early stage startups an interesting career opportunity for many.

I remember the time when we at CLARK were a handful of people. Every evening at 7 p.m. we had a short “check-out”, it was rather a spontaneous get-together than a formal meeting. We came together and just shared what we experienced during that day, what we’ve learned, which goals we’ve achieved and what it meant for CLARK – everyone was always up to date, ties were very close between each other and everyone was 100 percent on the same level and committed.

Culture is a magnet for the first employees and even the first customers.

Mid-sized startups: 20 – 100

In companies of 20 people, everyone is connected, culture is kind of automatically calibrating itself because people talk, meet and exchange regularly. But then you reach a certain point, where you grow massively and 25, 50 or 100 new people join. The formats you had before, do not work any longer and people get disconnected. You lose your state of culture “equilibrium” before even realising it. Taking care of culture in these rapid-growth momentums is even more important. The way to go is to formalise the company culture that was once transmitted via word of mouth. It needs to be documented, trained and lived with new formats that fit the bigger size and also different mindset of new employees. Managing this formalisation and cultural processes requires dedicated staff and resources as well.

Stopping old habits isn’t easy. Our spontaneous check-out of the early days was already outdated in 2017 as we took the 20-30 employees hurdle. We introduced other formats: a Monday company check-in and Friday check-out – probably unnecessary to mention that we have grown out of these too. Currently, key formats to keep the entire company updated are a regular All Hands Meetings, where we communicate mostly strategic topics, CLARK Bazaars that gives the space to exchange on current key initiatives and several formats for Senior Leadership – as with a growing number of employees senior staff has a major role in supporting culture (not only managing teams and projects, but also being role models).

Even before realising it you’ll lose this culture equilibrium if it is not documented, trained and lived.

Becoming a scaleup: 100++

Being a fast-growing company is already a cultural challenge, but at some point you may no longer have just one location. At CLARK, we currently have three offices in Germany and one office in Austria. We are expanding into other markets and want to offer our product across Europe in the long term. This brings additional complexity. The stronger you grow – especially across national borders – the more you have to formalize values and culture as well as maintain and create situations to live them. Your culture needs to exist also on paper. People need to have something they can relate to from day 1. Trying to dodge the company culture is not an option. To avoid this, culture should be included in performance management and feedback talks as well… and if you see misbehaviour, fire for cultural reasons. Culture is fragile, especially as a young company.

Since end of February we do have our values on paper for real. We started a value process already last year, and it was something that took us some time. We are all the more proud to have rolled out something that we are 100 percent convinced of and we look forward to start bringing it to life with different formats and actions. Therefore, in addition to the “official” occasions we are also creating more opportunities where people can come together as teams and exchange on an emotional level. Apart from Summer and Christmas parties, there are regular team events, breakfasts, etc. And we are celebrating positive culture actions done by individuals or groups, e.g. talking about it in our Friday hangouts, in the internal newsletter or in feedbacks. Talking about it intentionally is something you, as a CEO or leader, have to do again and again.

The faster you grow the more you need to make your values and culture explicit.

On all stages: You need to connect strategy and culture

As mentioned, culture is not an end in itself. Your culture needs to be fitting the purpose of the company. If the purpose of your company is for example “to bring transparency into financial markets” your culture should contain values such as transparency and honesty. It needs to match to support your strategy. This might also change over time. Your purpose might change, your vision and even the values. Again culture is not a static topic, as your company grows and develops also your culture does. It’s ok to change direction, but if you do so, you need to make it transparent to your employees and involve them.

Summarizing these 3+1 key learnings from the different stages of startup culture…

Be aware of your culture and hire the right people that are living the culture your company needs. Involve the people and give them the opportunity and responsibility to have impact on your product.

In periods of massive growth culture becomes even more important and you need to treat it as a strategic pillar with staff, ressources and formats to manage the cultural evolution.

– Always adapt to your current condition in order to assure consistency. The faster you grow the more you need to make your values and culture explicit.

Make sure your culture is consistent with the purpose of your company. You need to connect strategy and culture!

This is not a quick win, but rather a marathon project. It requires dedication and persistence – especially from you as a company leader. But if you want to grow your company you should treat your culture as a business pillar with the same attention as strategy, product development or marketing.

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