Das Halbfinale beim Hessischen Gründerpreis war doppelt spannend: Zum einen wegen der 44 Gründer und Gründerinnen, die der 32-köpfigen, hessenweiten Jury ihre Geschäftsideen vorstellten. Aber auch die Veranstaltung selbst war in Corona-Zeiten herausfordernd: Veranstaltungsort Kassel ist Hochrisikogebiet, in Hessen steigen die Infektionen.
Deshalb hat sich Projektleiterin Elisabeth Neumann entschlossen, die Jurysitzung per Onlinekonferenz durchzuführen. „Das war ein Novum, hat aber super geklappt, darüber freue ich mich sehr. Wir hatten bereits Erfahrungen mit Veranstaltungen gesammelt, die ganz oder teilweise virtuell abgehalten wurden“, berichtet Neumann. „Ich hoffe sehr, dass wir uns 2021 wieder persönlich treffen können, aber ich bin auch stolz, dass wir unseren Wettbewerb nicht abgesagt haben. Gerade in der Pandemie haben junge Unternehmen Unterstützung und Aufmerksamkeit verdient.“
Die zwölf Finalisten stehen bereits als Preisträger des Hessischen Gründerpreises 2020 fest und treten am 27. November 2020 gegeneinander an, um einen Sieger je Kategorie zu ermitteln. Finale und Preisverleihung sollten eigentlich in Kassel stattfinden, werden nun aber wegen Corona ebenfalls online veranstaltet.
Nordhessen liegt klar vorne
Regional am stärksten vertreten ist die Stadt Kassel mit drei Finalisten. Zusammen mit zwei weiteren aus der Region stellt Nordhessen den geographischen Schwerpunkt der Preisträger. In den Vorjahren kamen die meisten Finalisten aus dem Rhein-Main-Gebiet, dieses Mal aber auf dem zweiten Platz mit zwei Unternehmen aus Darmstadt und zwei weiteren aus der Region. Die Finalisten sind damit ein Beispiel für das rege Gründungsgeschehen abseits der Metropolregionen. Thematisch stechen zwei Bereiche hervor: Je vier Unternehmen sind mit Lebensmitteln oder mit IT-Themen beschäftigt.
Der Hessische Gründerpreis hat jedes Jahr einen anderen regionalen Partner, um das Gründungsgeschehen vor Ort zu unterstützen. Das schlägt sich oft in einer höheren Zahl regionaler Bewerbungen nieder, wird aber durch die hessenweite Zusammensetzung der Jury neutralisiert.
Das sind die Finalisten
Auch die Kategorie „Gründungen aus der Hochschule“ ist fest in Kasseler Hand: Das intelligente elastische Fitnessband STRAFFR von Stefan Weiss, Hanno Storz und Torben Hellmuth wurde dort entwickelt. Und auch Lea Schücking und Leya Bilgic haben an der Universität Kassel ihre aus recycletem Bauschutt hergestellten SHARDS-Fliesen entwickelt. In Offenbach ist dagegen die Idee für zeltHAUS entstanden, die simplen, temporären und nachhaltigen Notunterkünfte haben Jonas Eiden, Marius Mersinger und Fabian Hegner erfunden.
In der Kategorie „Innovative Geschäftsidee“ konnten sich Gründer Benjamin Federmann und sein Team von doks.innovation aus Kassel für das Finale qualifizieren. Das Unternehmen ermöglicht automatisierte Bestandserfassung in Warenlagern. Auch das Team um Max Limper und Miguel Sousa von der Darmstadt Graphics Group konnte die Jury in dieser Kategorie überzeugen. Sie optimieren komplexe 3D-Modelle automatisch für die Visualisierung. Innovation in einem ganz anderen Bereich bieten der dritte Finalist Simon Schmidt und sein Team aus Gründau mit ihren Teaballs: Gepresste Teekügelchen aus Pflanzenextrakten, die sich in heißem und kaltem Wasser innerhalb kurzer Zeit auflösen – Tee ohne Beutel.
Mit seinem Unternehmen „Du bist hier der Chef – die Verbrauchermarke“ hat Nicolas Barthelmé aus Eltville das Finale erreicht in der Kategorie „Gesellschaftliche Wirkung“. Er schafft Transparenz und Mitbestimmung für Käufer und Käuferinnen auf dem Lebensmittelmarkt. Senioren mit ihrer Umwelt verbindet die seniorenfreundliche App Lylu von Felix Beinez und Vitalij Hilsendeger aus Darmstadt. Für Kontakte zwischen Mensch und Tier sorgen Nina Schönrock und Christian Schulte von VertrauTier mit ihren Angeboten für tiergestützte Therapie in Willingen (Upland).
In der Kategorie „Zukunftsfähige Nachfolge“, sind zwei Betriebe der Lebensmittelwirtschaft vertreten: Mit Christoph Jestätt hat die zehnte Generation den Hannheinehof in Fulda übernommen und produziert dort biologische und nachhaltige Lebensmittel. Auch Katharina Koch hat in Calden bei der seit 1877 bestehenden Landfleischerei Koch die innerfamiliäre Nachfolge angetreten und kräftig modernisiert. Timo Reinhardt hat im Malerbetrieb Balzer aus Marburg als Azubi angefangen und führt ihn nun als Inhaber. Hier wird Integration groß geschrieben: Von seinen Beschäftigten stammen drei aus Afghanistan, Eritrea und Syrien.
Der Wettbewerb
Aus allen Bewerbungen – 2020 waren das 155 und damit trotz Corona der dritte Bewerberrekord in Folge – haben insgesamt 44 Unternehmen in den vier Kategorien (Innovative Geschäftsidee“, „Zukunftsfähige Nachfolge“, „Gesellschaftliche Wirkung“ sowie „Gründungen aus der Hochschule“) das Halbfinale erreicht. Dort pitchten sie online vor einer Jury, die je Kategorie drei, insgesamt also zwölf Finalisten auswählt. Diese treten am 27. November gegeneinander an und werden im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung am Abend ausgezeichnet – unter anderem vom Hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir persönlich. Gewinnen können Teilnehmer einen professionellen Unternehmensfilm, mediale Aufmerksamkeit, hochwertige Netzwerkkontakte und wertvolle Trainings.
Hessischer Gründerpreis
Der Hessische Gründerpreis wird seit 2003 verliehen. 2002 von der KIZ GmbH in Offenbach gegründet, wird er vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen sowie mit europäischen Mitteln aus dem Fonds für regionale Entwicklung EFRE gefördert. 2020 findet der Hessische Gründerpreis in Kassel statt. Schirmherr ist der Hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.