Die Szene beweist Innovationsgeist in FrankfurtRheinMain
So sah das Karmakurier-Team aus. Jetzt wollen sie weiter an ihrem Projekt arbeiten.

Seit einigen Wochen ist Corona in Deutschland angekommen – mit weitreichenden Einschränkungen für das öffentliche Leben und die Wirtschaft. Vor allem Startups, junge Unternehmen und Selbständige haben in der Krise zu kämpfen mit wegfallenden Aufträgen, fortwährenden Zahlungsforderungen und zu wenig Rücklagen. Hinzu kommt, dass Investoren zögerlicher handeln. Generell gibt es weniger Kaufentscheidungen. Wir haben uns in den vergangenen Tagen umgehört und dabei festgestellt: Die Szene steckt bei all den Problemen den Kopf nicht in den Sand, sondern erfindet sich neu und hält zusammen.

So haben sich am Wochenende 1.500 Teams mit insgesamt gut 43.000 Teilnehmer:innen zusammengetan, um gemeinsam digitale Lösungen für die Krise zu entwickeln. Das Ganze fand im Rahmen des bundesweiten #WirvsVirus Hackathons der Bundesregierung statt. Begonnen hat alles vergangenen Freitag in einem einzigen Slack-Channel, woraus sich dann die Teams gebildet haben. Ein kleines Chaos, wie die Teilnehmer:innen berichten. Trotzdem sind am Ende zahlreiche vielversprechende Lösungen entstanden, auch aus FranfurtRheinMain.

Um weitere Aufmerksamkeit und Feedback zu erhalten, läuft aktuell übrigens ein Public Voting der Einreichungen vom Hackathon. Also bitte Eure Favoriten fleissig “liken” und teilen!:) Wir stellen euch einige der vielen Ansätze aus der Region vor:

Karmakurier

“Es ist Gänsehaut pur, wenn zu einer Hand voll Leute mit der Idee, die Nachbarschaftshilfe durch Karmapunkte zu belohnen, plötzlich über 40 Mitstreiter hinzukommen mit dem Ziel, dem Coronavirus entgegenzuwirken. Das war für mich wie mit einem Quartett startet und am Ende mit einem Orchester aus  enorm diversen Freiwilligen das Konzert zu meistern. Unser Team bestand aus Helfern nicht nur aus Deutschland sondern auch aus Singapur, Italien, Kanada der Ukraine, Frankreich oder El Salvador“, freut sich Britta Mues-Walter von Karmakurier.

Die Plattform Karmakurier will Hilfesuchende und Helfende zusammenbringen. Ansprechen will es die Zielgruppen jeweils speziell angepasst. Ältere Menschen werden also zum Beispiel per Flyer informiert und können sich per Telefon melden. So soll jeder angesprochen werden. Und es soll noch weitergehen, so Andreas Chiocchetti, Nelson Mejia, Carolina Yeo, Laura Abascal und das Team: „Der Hackathon war erst der Eröffnungstakt, das Motiv ist gesetzt, die Umsetzung der Ideen ist nun das Ziel. #karmakurier soll schnellstmöglich für alle zugänglich sein und wir wollen mit Wirtschaftspartnern, Förderern und anderen bestehende Organisationen die Kräfte bündeln“.

Coronow

Eine App, die Nutzer:innen informiert, sobald Kontakt mit infizierten stattfand und gleichzeitig dem Gesundheitsamt hilft, die Infektionsketten aufzudecken: Das ist Coronow. „Die App wird den Nutzer:innen kostenlos zur Verfügung gestellt. Außerdem ist es uns wichtig, dass Nuzter:innen die Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten haben. Wir verwenden daher nichts ohne konkrete Zustimmung“, beruhigt Alexander Grau, Mitentwickler von Coronow.

KMUvsCorona

Kleine und mittlere Unternehmen sind von der Krise besonders betroffen. Um ihnen eine Hilfestellung zu geben, hat die Gruppe von KMUvsCorona eine Website entwickelt, die Ideen, Hilfsmittel, Finanzierungquellen und mehr für KMUs sammelt. Das wird wie für alle anderen auch nicht einfach, weiß Janika Collatz vom Team: „Für mein Team und mich ist derzeit die größte Herausforderung (und ich denke bei vielen anderen Teilnehmern von #wirvsvirus auch), dass unsere Lösung unsere Zielgruppe, die KMUs, erreicht und von ihnen genutzt wird. Über 40.000 Menschen haben teilgenommen und sich viele tolle Dinge überlegt, müssen aber natürlich die nötige Reichweite gewinnen“.

re.balance

Was tun gegen den Lagerkoller? re.balance bringt Webinare, Blogbeiträge und persönliche Betreuung ins Haus – und das voll und ganz digital per App. Das Ziel: Die Familien positiv durch die Krise bringen. Die Entwicklung sei dabei auch persönlich ein Plus gewesen, so Henning Daut, Mentor des Teams, rund um seinen Futury Kollegen Jannis Röthemeier “Die technische Umsetzung und Strukturierung vom “Chaos” zum “Geordneten” war ein echtes Erlebnis und hat gezeigt, zu was Tools um remote zu arbeiten fähig sind, gerade bei dieser Masse an Teilnehmern und Mentoren. Online-Hackathons können tatsächlich effizienter sein als lokale Hackathons ;)”

wir-unterstützen.com

Dass die Zusammenarbeit beim Hackathon gut funktioniert hat und auch weiter funktionieren kann, berichten viele Teams, so auch wir-unterstützen.com. „In unserem Projekt versuchen wir, lokale Geschäfte darin zu unterstützen, mit Spenden und Schulungen die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen zu überstehen. Ich hoffe, das Hackathons für zukünftige Problemstellungen ebenfalls zum Einsatz kommen“, erklärt Keith Schuijlenburg von wir-unterstützen.com und weiter: „Uns allen hat der Hackathon viel Spaß gemacht, trotz des ernsten Hintergrundes.“

Webinare, Homeoffice, komplett digitale Veranstaltungsformate und mehr

Auch neben dem Hackathon gibt es viele Ansätze, mit der Krise umzugehen. Die Startups der Region engagieren sich und helfen sich gegenseitig. Der Tenor: Wir schaffen das schon. Deswegen arbeiten viele derzeit auch an digitalen Lösungen. Die Umstellung auf Homeoffice war dabei insgesamt weniger ein Problem, so unser Eindruck. Durch die Nähe zum Digitalen und zu Hightech-Lösungen ist es für viele Startups schon Standard, von verschiedenen Orten aus zu arbeiten.

Rocketloop arbeitet sogar schon seit Mitte Februar komplett im Homeoffice. Florian Reifschneider, Mitgründer von Rocketloop, hatte mit StayTheFuckAtHome schon vor Wochen dazu aufgerufen, zuhause zu bleiben: „Meine Erfahrung und der Austausch mit Kunden hat mir gezeigt, dass Unternehmen, die sich mit Data Science und Digitalisierung beschäftigen, grundsätzlich gut aufgestellt sind. Hier ist der Einsatz von Chat-Tools und Videokonferenzen normal und die Prozesse sind bereits für dezentrales Arbeiten ausgerichtet. Allerdings dauert es ein bisschen, bis man sich ohne Präsenzarbeit eingespielt hat. Das mussten wir auch erst lernen. Unternehmen bei denen in der Vergangenheit Homeoffice unüblich war, werden sich jetzt auch erstmal schwertun“. Auch wirtschaftlich bietet Homeoffice enorme Chancen. Denn wenn die Arbeitssprache englisch und der Ort egal sei, gebe es einen viel größeren Pool an möglichen Mitarbeiten. Ein Riesenvorteil für digitale Unternehmen und vielleicht ein Anreiz, auch post Corona über digitale Modelle nachzudenken.

Es geht auch digital

Auch Veranstaltungen werden jetzt einfach ins Web verlegt – und das funktioniert. So auch das Proptech Spring Special, das erste rein digitale Networking-Event der Immobilienbranche von blackprint Booster zum Beispiel am Donnerestag 26. März. Das Unternehmen dazu bei LinkedIn: „Daher möchten wir in diesen außergewöhnlichen Zeiten unsere Pläne zur Digitalisierung unserer Formate schneller umsetzen und unser PropTech Spring Special – zum ersten Mal – in einem rein digitalen Umfeld veranstalten. Trotz dieser Umstände wird unser Spring Special die wichtigsten Agenda-Punkte beinhalten, sodass Ihr Euch mitreißende Impulse zu aktuellen Themen liefern lassen könnt. In der anschließenden „Networking-Session“ haben wir dafür gesorgt, dass das 1 on 1 Netzwerken nicht zu kurz kommen wird und Ihr mit digitalen Köpfen und Entscheidern der Branche in Kontakt treten könnt.“  

Andere wie zum Beispiel WeWork haben „das inhaltliche Programm von WeWork Labs innerhalb von 2 Wochen komplett virtuell geschaltet, es findet nichts mehr face 2 face vor Ort statt. Dafür können alle Labs Startups auch die Inhalte von allen anderen 86 Labs Programmen weltweit streamen. Ausserdem helfen alle 32 Startups aus dem Frankfurter Programm sich gegenseitig mit ständigen Updates, gemeinsamen (virtuellen) Kristentreffen,  und operativem Support“, erklärt uns David Wohde von WeWork. 

Weitere Online-Veranstaltungen und Webinare findet ihr hier.

Trotzdem: für viele Startups ein herber Schlag

Auch wenn es viel guten Mut und Innovationsgeist in der Szene gibt, ist die Krise für viele Startups ein herber Schlag, der sie an den Rand der Existenz bringt. VinoKilo beispielsweise lebt davon, bei PopUp-Events gebrauchte Kleidung weiterzuverkaufen. Durch den Wegfall der Events ist VinoKilo seiner Geschäftsgrundlage beraubt. Robin Balser hat seine Sorgen dazu auf LinkedIn geäußert. Entmutigen lassen will er sich jedenfalls nicht: „As we rely on our six events we run every weekend it is clear that under the current situation we are facing some of the biggest challenges since starting almost 4 years ago. I won’t lie. Times are tough and probably the most challenging I have ever experienced in and at vinokilo. […] Every crisis is an opportunity. It is a time of potential“.

Kurzfristige Hilfen benötigt

Für viele braucht es jetzt kurzfristige, aufwandslose Liquiditätshilfen – in welcher Form auch immer. Die Bundesregierung verspreche zwar quasi im Stundentakt neue Hilfsmaßnahmen, davon käme jedoch wenig an bei den Unternehmen, heißt es in der Szene. Wir halten Euch über den STATION Resource Guide auf dem Laufenden!

Für Angelika Vits, Mitgründerin vom Teambuilding-Vermittler GREWP, bedeutet die Krise den plötzlichen Wegfall all ihrer Produkte, schließlich sind Team-Events jetzt erst einmal nicht mehr möglich. Das Startup telefoniert jetzt seine Anbeter ab und versucht, die Events auch digital abzubilden. Konkrete Hilfsversprechen seitens des Landes und des Bundes sieht sie kritisch: „Natürlich gibt es bereits Hilfen durch zinslose Kredite und Kurzarbeit. Es ist jedoch unglaublich schwer, die entsprechenden Informationen zu bekommen. Zudem stellt sich die Frage, ob man sich für die nicht absehbare Zukunft wirklich die Verpflichtungen eines Kredites auferlegen will. Ich hoffe und denke, dass hier noch weitere Vorstöße in Richtung Zuschüsse oder „Notgeld“ kommen werden.“

„Irgendwo zwischen manifestierter Existenz-Angst, vollkommener Ungewissheit und Euphorie im Hinblick auf die Chancen aus/nach der Krise“

Er ist also da, der Innovationsgeist und der Wille, die Krise nicht nur zu überstehen, sondern stärker daraus hervorzugehen. Mark Matthies, Mitgründer von Parloo, sieht deshalb vor allem die Chance: „Corona produziert viele Verlierer. Aber das Virus bietet auch eine Chance für Wirtschaft und Gesellschaft. Der Druck, bisherige Prozesse und Arbeitsweisen zu digitalisieren, wächst. Egal ob Tele-Medizin, Home Office, Event-Live-Streaming, digitale Bildung oder eGovernment – es bleibt zu hoffen, dass #Corona #Digitalisierung in #Deutschland beschleunigt und das Land stärker aus der Krise hervorgeht!“

Abschließend bleibt also nur zu hoffen und weiter zu arbeiten, oder wie Liisi Sukles, Mitgründerin der 1789 Innovations AG es ausdrückt: “For the ecosystem – it’s worrying, and definitely test of strength – especially if startups don’t have a “financial buffer” to rely on during these next few months. What I can hope, is that they focus on using their creative minds, entrepreneurial hustle and stay united in the ecosystem.”

 Liebe Community! Sendet uns gerne Eure Fragen und sagt uns, wie wir Euch über STATION unterstützen können!

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