Noch bis zum 19. Februar können die Mitglieder der IHK in ganz Hessen ihre neue Vollversammlung wählen. Wir haben uns gefragt, wie die eher traditionell geprägte Handelskammer unser wachsendes Ökosystem in Zukunft konkret unterstützen will. Einer der Kandidaten für Frankfurt ist Christian W. Jakob, selbst mehrfacher Gründer und seit Jahren in der lokalen Innovationsszene aktiv. Wir haben mit ihm über die bisherige Stellung von Startups innerhalb der IHK gesprochen und wollten wissen, was ihn zu seiner Kandidatur bewegt.
Christian, du hast selbst mehrere Unternehmen gegründet und engagierst dich schon lange für unser Ökosystem. Wie kam es zu deiner Leidenschaft für Gründer- und Unternehmerthemen?
Mich haben schon sehr früh erfolgreiche Unternehmer fasziniert, die mit ihren Visionen, Ideen und Geschäftsmodellen einen nachhaltigen Einfluss auf unseren Alltag ausgeübt haben. Startups, neue Technologien sowie Smart Data faszinieren mich bis heute. Dabei begeistern mich vor allen Dingen Ideen, die erfolgreiche Best Practices aus einer Industrie in andere Bereiche übertragen.
Wann hast du das erste mal gegründet? Und welche Projekte bestimmen momentan deinen Alltag?
Mit 21 Jahren habe ich mich entschlossen, parallel zum Studium mein erstes Unternehmen zu gründen, damals im Bereich Betrugserkennung für KMUs. Während meines Studiums in Bayreuth, Hagen, Genf und London habe ich dann weitere Unternehmen aufgebaut und mich an vielversprechenden Ideen beteiligt. Aktuell bin ich geschäftsführender Partner von TEN, dem führenden B2B LegalTech Company Builder mit Sitz in Frankfurt am Main. Hier realisieren wir mit Lintum die Zukunft des Einkaufs von Anwälten für große Unternehmen und mit LIVELEX die einfache gleichzeitige Bearbeitung von Dokumenten von vielen unterschiedlichen Parteien. Daneben habe ich BardeenIO mitgegründet, eine Softwareschmiede für selbstlernende Algorithmen.
Was tust du, um deine Erfahrungen an andere Gründer weiterzugeben?
Während meiner Tätigkeit als Director of Investment beim FIZ Frankfurter Innovationszentrum Biotechnologie habe ich gemeinsam mit Dr. Christian Garbe Frankfurt Forward ins Leben gerufen. Das Projekt ist nun unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Frankfurt in die nächste Runde gestartet und bringt Startups mit etablierten Unternehmen und Investoren in Frankfurt zusammen. Zudem bin ich Gastgeber des Venture Capital Forums, welches führende Investoren, Gründer, Politiker sowie Wirtschafts- und Medienvertreter zusammenbringt. Darüber hinaus bin ich ein Frankfurter “Global Shaper” des World Economic Forums sowie Mentor des Startupbootcamp Digital Health in Berlin. Außerdem bin ich in einer Reihe von Aufsichts- und Beiräten sowie internationalen Think Tanks aktiv.
Nun kandidierst du für die Vollversammlung der IHK Frankfurt. Erkläre uns doch bitte kurz, was die Funktion der IHK ist und wie Startups von der IHK profitieren können.
In den letzten Wochen habe ich immer wieder genau diese Frage gestellt bekommen: Welchen echten Mehrwert bietet die IHK für junge Unternehmen? Und in genau dieser Frage besteht meine Motivation zu kandidieren. Die IHK ist die Interessenvertretung in allen wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Fragen der Unternehmen in Frankfurt am Main und der Region. Dazu gehören auch Startups und junge Unternehmer – allerdings ist diese Gruppe meiner Meinung nach in der Vollversammlung bisher stark unterrepräsentiert. Und dies wird der wichtigen Rolle und Bedeutung der Startups in Frankfurt und unserer Region nicht gerecht.
Was genau muss sich ändern, damit Startups unter all den traditionellen Unternehmen mehr Gehör finden?
Ich möchte, dass die Leistungen, die die IHK anbietet, auf die Interessen der Startups angepasst werden, dass die Mehrwerte klar kommuniziert werden und dass es zu einem konstruktiven und offenen Dialog mit der neuen Generation der Unternehmer kommt. Denn gerade für Gründungsinteressierte und Auszubildende bietet die IHK schon heute viel Unterstützung an, etwa bei der Wahl der richtigen Rechtsform oder bei Fragen der Sozialversicherung und Buchführung. Darüber hinaus hat sich die IHK für die Zukunft auf die Fahne geschrieben, bundesweit mehr Interessensarbeit für Startups zu betreiben. Gerade wenn es um die Verbesserung der Investitionsbedingungen geht, zählt jede weitere Stimme in Berlin.
Wie sieht die Rolle aus, die du bei einer erfolgreichen Wahl in der IHK einnehmen würdest? Was wären deine Aufgaben?
Sollte ich gewählt werden, wäre ich Mitglied der Vollversammlung, einem Zusammenschluss von 89 ehrenamtlich aktiven Unternehmern unterschiedlichster Wirtschaftszweige, die in 12 unterschiedliche Fachgruppen aufgeteilt sind. Ich werde hier die Wirtschafts- und Unternehmensberatungen sowie sonstige Dienstleistungen (Wahlgruppe 11) vertreten. Viele der Startups in Frankfurt am Main fallen genau in diese Kategorie. Unser Ziel mit der IHK muss es sein, konstruktive Debatten zu führen, Lösungen für die Probleme der Startups zu finden und diese schnell und transparent umzusetzen. Ob FinTech, LegalTech, PropTech oder InsurTech ist hierbei nicht wirklich entscheidend, denn es geht um die Unterstützung und Verknüpfung des gesamten Ökosystems. Natürlich gibt es bereits entsprechende Netzwerke, etwa die Business Angels FrankfurtRheinMain oder die Initiative Perform. Dies kann jedoch nur ein Anfang sein. Entscheidend ist, dass wir nicht nur debattieren, sondern auch Taten folgen lassen.
Dann mal ganz konkret: Was kann die IHK tun, um den Standort Frankfurt für Unternehmensgründer und Startups attraktiver zu machen?
In den letzten Jahren ist das Frankfurter Ökosystem ordentlich gewachsen, auch die Metropolregion hat insgesamt sehr spannende Initiativen entwickelt. Ziel muss es sein, die verschiedenen Akteure effizient zu vernetzen, um somit noch schneller wachsen zu können. Auch bessere Finanzierungsbedingungen für Startups in den unterschiedlichen Phasen sind sehr wichtig. Das Ökosystem lebt von erfolgreichen Gründern, die einen Exit hinter sich haben, sowie Investoren, die die Standortvorteile von Frankfurt am Main schätzen gelernt haben. Die IHK kann hier die richtigen Parteien auf unterschiedlichen Ebenen ansprechen und vernetzen. Sie kann über die Stadtgrenzen hinaus für die Vorzüge von Frankfurt werben und somit weitere Talente für die Mainmetropole gewinnen.
Und welches Projekt wirst du zuerst angehen, falls du gewählt wirst?
Ich werde mich dafür einsetzen, dass die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Gründungsinteressierten eine Gründung zu erleichtern, um Gründern bessere Wachstumsbedingungen zu schaffen und um insbesondere dem Mittelstand den digitalen Wandel zu erleichtern. Es gilt, administrative Hürden und Bürokratie für Unternehmer abzubauen. Konkret bedeutet das, gemeinsam mit anderen lokalen und regionalen Initiativen und Interessenvertretern einen „One-Stop-Shop“ zu etablieren, um Verwaltungsvorgänge möglichst digital und effizient erledigen zu können. Zudem müssen neutrale Plattformen zur maßgenauen Vernetzung der unterschiedlichen Stakeholder weiter gefördert werden.
Noch bis zum 19. Februar können die wahlberechtigten Mitglieder der IHK Frankfurt ihre 89 Vertreter der nächsten Vollversammlung wählen. Die Wahlunterlagen wurden ab dem 17. Januar 2019 per Post versandt, alternativ könnt ihr eure Stimme hier über das Online-Wahlsystem abgeben. Die Frist endet am 19. Februar 2019 um 12:00 Uhr. Hier erfahrt ihr unter anderem erfahren, wer wahlberechtigt ist.