Mach´ dir dein Case, wie es dir gefällt

Vor 11 Jahren hat Klaus Wegener den Online-Shop caseable in Brooklyn gegründet. Heute gibt es eine starke und stetig wachsende Verbindung nach Mittelhessen. Als das Startup 2010 in New York gegründet wurde, sollte der Laptopmarkt mit individualisierten Laptoptaschen erschlossen werden. Mittlerweile hat das Unternehmen sein Produktfortfolio stark ausgebaut.

Die Idee dahinter: individuelle On Demand-Produktion und ein Schritt in Richtung nachhaltiger Liefer- sowie Produktionsketten. Dies bedeutet: Die über caseable abgeschlossenen Käufe werden erst dann produziert und individualisiert, wenn Kundinnen oder Kunden auch wirklich bestellt haben.

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Dieser Beitrag ist Teil unserer Kolumne Mittelhessen Spotlight. Hier präsentiert unser Kooperationspartner Foundershub Mittelhessen regelmäßig ausgewählte Artikel aus der mittelhessischen Gründungsszene, um die Vernetzung der Ökosysteme Frankfurt Rhein Main und Mittelhessen zu stärken.

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In Mittelhessen, genauer gesagt in Lauterbach, befindet sich heute der Standort des Unternehmens mit einer Produktionsfläche von über 2.000 m², welcher den weltweiten Markt bedient. Als gebürtiger Mittelhesse ist Klaus Wegener schon immer fest in der Region verankert. Der Aufbau eines europäischen Standorts in Lauterbach war nicht nur aufgrund der tatkräftigen Unterstützung seiner Familie, Freunden vor Ort und tollen Mitarbeitern sehr geeignet, sondern auch die Lage an und für sich hat sich zum Standortaufbau in Europa angeboten: Lauterbach – ein Ort mitten in Deutschland. Über 40 Ländern wurden von Lauterbach aus erschlossen. Die individualisierten Produkte von caseable gibt es heute aber auch in Kanada und den USA zu kaufen. Ein großer Traum stellt die Erschließung des japanischen Markts für Wegener noch dar.

caseable bietet heute eine Vielzahl an individualisierten Gebrauchsgegenständen an:  Accessoires mit dem Lieblingsmotiv für Schulranzen oder der Gamingheld auf dem Playstation-Controller, aber auch alles rund ums Homeoffice gibt es zu gestalten.

In welchem Produktionszyklus setzt die Nachhaltigkeit von caseable ein?

caseable verzeichnet erfolgreich weniger als 1 % Retouren. Durch das Sammeln von Erfahrungen in den ersten Phasen der Gründung konnten die Produkte weiterentwickelt werden. Damals waren die Retouren noch höher, da eben auch die Produkte noch fehleranfälliger waren. Gesammeltes Kundenfeedback hat nach und nach dem Bestellsystem signalisiert, welche Produkte aufgrund von Qualitätsmängeln nicht mehr produziert werden sollen.  

Der Gründer aus New York, das Business in Lauterbach und wer übernimmt das Management?

Ein schnell wachsendes Business benötigt neue Ideen, aber auch eine gute Führung. Seit Mitte 2021 ist Klaus Wegener in die Rolle des Beirates geschlüpft und hat die Management-Verantwortung abgegeben. „Es macht auch Spaß zu sagen, man hat jetzt eine Coaching Position, denn gerade als Gründer hat man ja die Tendenz, auf Sachen aufzuspringen und nicht allzu viel darüber nachzudenken“.

Ist damit die Gründungs-Euphorie gemeint, von der ein Startup am Anfang sicherlich auch lebt?

Wegener gibt zu verstehen, dass er vor allem auf sein Bauchgefühl achte. Die Frage als Gründer eines wachsenden Unternehmens sei vor allem wichtig, ob man seine Mitarbeitenden richtig mitnehme oder diese eher vergraule. In einem jungen Unternehmen könnten sprudelnde Ideen und ein dynamisches Umfeld sicherlich funktionieren, aber sobald Millionen Kunden dahinter stünden, sei dies nicht ganz so gut.

Das Thema Coaching hat Klaus Wegener früher belächelt. Jetzt betrachtet er Coaching als einen Mehrwert für sich und andere Gründende, da genau diese Außenperspektive hilft, viele Dinge aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Aus seiner langjährigen Erfahrung kann er nun potentiellen Gründern und Gründerinnen mit auf den Weg geben, dass es wichtig ist, Zeit für Operations- und Liquiditätsthemen einzuräumen. Er ist sich bewusst, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer am Anfang keinen Blick für diese Themenfelder hätten. Jedoch sei es gut, sich die Vision auszumalen: Wo können wir als Unternehmen denn in fünf Jahren stehen? Wo stehe denn sowohl ich als Gründer, aber auch mein Unternehmen, wenn ich plötzlich nicht mehr da bin und die Geschäftsführerposition sowie Verantwortung abgeben muss? Läuft das Unternehmen ohne mich weiter?

Auch hier sieht Wegener ganz klar wieder das Zusammenspiel seiner Verantwortung als Gründer den Mitarbeitenden gegenüber. Mitarbeitenden sollten stets gefördert und über Wachstumsperspektiven informiert werden.

Wenn alles so gut läuft, warum nochmal etwas Neues starten?

Das eigene Baby (caseable) ist erwachsen geworden, Wegener selbst hat sich aus dem operativen Business zurückgezogen. Sein Vertrauen läge nun in den Händen von Menschen, die bestimmte Dinge einfach auch besser können als er selbst. „Für mich als Gründer ist es unendlich wichtig, Investoren an Board zu haben, denen ich zu 100 % vertraue, mit denen ich Pferde stehlen kann – ich sehe meine Gesellschafter als erweiterten Gründerkreis mit Expertise aus den unterschiedlichsten Bereichen. Glücklicherweise ist mir das sowohl bei caseable, als auch bei 35up gelungen“, sagt Wegener.

Seine Herzensangelegenheit sei schon immer die On Demand-Lösung gewesen: Erst dann produzieren und bereitstellen, wenn Kunden bestellen. Eine Softwareschnittstelle zu caseable hat es nun ermöglicht, den Kunden effektiv weitere Zusatzkäufe anzubieten. Das neue Startup von Klaus Wegener – 35up ist die perfekte On Demand-Ergänzung für viele neue Online Business-Partner.

Wie hat sich deine Wahrnehmung zur Veränderung der Startup-Szene seit deinen Anfängen verändert?

Heute können Mitarbeitende überall sitzen. Natürlich auch getrieben durch die Pandemie. Es gibt geniale Gründer und Gründerinnen in Gießen, Fulda und Marburg. Gerade in diesen Regionen werden Business Modelle analysiert, die auch mal außerhalb des Tech-Bereichs, nämlich im Physikalischen-, Agrar- oder Bau-Bereich liegen. Das findet Wegener sehr spannend. „Hessen hat mehrere großartige Vorteile: Die Lage, die Infrastruktur, Talent, die Menschen, und mittlerweile auch ein sehr solides Investoren Netzwerk, von Angels bis hin zu VCs“. Die gute Vernetzung der Startup-Szene Mittelhessen und der Universitäten ist für alle Parteien ein großer Gewinn. Wegener schätzt vor allem den Zugang zu Kapital und die kurzen Wege in der Region, wenn es um Unterstützung geht. Die Hessen Kapital GmbH sei sehr dynamisch, steht Gründern zur Seite und hilft auch mit Kontakten zu internationalen Geldgebern. Der VC Markt ist seit seiner Gründungsphase explodiert. Letztendlich sei trotzdem Timing alles. Geld sei sicherlich genug im Markt – tatsächlich sei man aber als Gründer mit seiner eigenen Firma oft zu früh oder zu spät und es ist wirklich schwierig immer genau den richtigen Zeitpunkt zu treffen, einen VC anzusprechen und diesen von der eigenen Company zu begeistern. Ein Standort mitten in Deutschland sei selbstverständlich von Vorteil.

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