creditshelf auf Wachstumskurs: CEO Tim Thabe im Interview

Nachdem Ende des vergangenen Jahres bekannt wurde, das Fabian Brügmann von der Commerzbank als Chief Financial Officer (CFO) zu creditshelf wechselt, hat der digitale Mittelstandsfinanzierer aus Frankfurt in der vergangenen Woche personell nochmal nachgelegt und Dr. Gregor Heinrich zum neuen Chief Technology Officer (CTO) gemacht. Ein guter Zeitpunkt also, um mit CEO Dr. Tim Thabe im Exklusiv-Interview über die Entwicklung von creditshelf, die Entwicklung der deutschen Fintechs im allgemeinen und sowie das Zusammenspiel mit den traditionellen Finanzunternehmen zu sprechen.  

Herr Thabe, zuerst der Börsengang, dann die CrossLend-Kooperation, anschließend ein erreichtes Kreditvolumen von 100 Mio. und nun zwei wichtige Personalien – können wir uns auf weitere Erfolgsmeldungen in dieser Schlagzahl einstellen?

Wir können natürlich auch nicht in die Zukunft sehen, aber mit unserem mittelfristigen Ziel von 500 Millionen Euro ausgereichter Kredite pro Jahr haben wir unseren Wachstumskurs fest im Blick. Die Zahlen zum dritten Quartal 2019 haben gezeigt, dass wir in einem dynamischen Markt mit großem Potenzial unterwegs sind. Das Anfragevolumen, aber auch das Volumen der ausgereichten Kredite erhöhte sich und spiegelt sich im Umsatz wider: Die Umsatzerlöse lagen für die ersten neun Monate 2018 bei 1,55 Millionen Euro − eine Steigerung von 127 Prozent im Vergleich zu den ersten neun Monaten 2017 und mehr als eine Verdoppelung seit dem 30. Juni 2018. Gleichzeitig bauen wir unser Team weiter auf – neben Fabian Brügmann als neuen CFO haben wir kürzlich Dr. Gregor Heinrich zum CTO der Gesellschaft ernannt. Herr Dr. Heinrich wird auf der zweiten Managementebene in der Position für die Bereiche IT und Data Analytics verantwortlich sein und direkt an mich berichten. Kurzum: Alle Zeichen stehen auf Wachstum.

Wie wird sich in diesem Jahr ihr Leistungsangebot weiterentwickeln? Und gibt es ganz konkrete Ziele, die Sie vielleicht sogar in Zahlen fassen können?

Wir wollen natürlich weiter wachsen und entsprechend mehr Kredite bearbeiten und ausreichen. Wir sehen deutlich mehr Kundenaktivität und erwarten, dass sich dieser Trend in 2019 fortsetzen wird. Ein Milestone für 2019 ist für uns, unsere Technologie weiterzuentwickeln, um so noch besser und schneller Kredite zu arrangieren, was zusätzliche Investoren anzieht und günstigere Finanzierungskonditionen ermöglicht. Damit können wir dann auch mehr Kreditnehmer zu gewinnen. Außerdem möchten wir im Jahr 2019 unser Produktportfolio erweitern, beispielsweise um Factoring oder Analysis-as-a-Service. Auf diese Weise bieten wir unseren Kunden weitere Möglichkeiten an, um über creditshelf Kredite zu erhalten und schaffen so Potenzial für Wachstum. Konkrete Zahlen zu Zielen und Milestones kommunizieren wir erst im Rahmen der Jahresabschlusserstellung im April, bei der wir dem Kapitalmarkt eine Prognose geben werden.

Fabian Brügmann kommt als neuer CFO von der Commerzbank. War sein Hintergrund bei einer traditionellen Bank ein Auswahlkriterium?

Wir haben uns für Fabian Brügmann entschieden, weil er hervorragend zu unserem Unternehmen passt. Mit ihm konnten wir einen erfahrenen Spezialisten mit wertvollem Know-How zu Finanz- und Kapitalmarktthemen für die neu geschaffene Position des CFO gewinnen und so die zweite Managementebene ideal verstärken, um für die Fortsetzung des Wachstumskurses noch besser aufgestellt zu sein. Mit der Commerzbank pflegen wir eine sehr gute Zusammenarbeit und wir schätzen Mitarbeiter aus diesem Hause. Bewusst suchen wir jedoch keine Mitarbeiter nach diesem Kriterium aus.

Aber ist es nicht zumindest ein Zeichen an die etablierten Banken, dass sich junge Fintech-Unternehmen vor der traditionellen Finanzindustrie nicht verstecken brauchen?

Es zeigt, denke ich, dass digitale Finanzierungsalternativen, wie creditshelf sie anbietet, ein wichtiger Teil der Finanzbranche sind. Natürlich sind wir deutlich kleiner als die etablierten Banken – gleichzeitig bieten wir Services auf eine innovative Art an, die Banken so noch nicht unbedingt abdecken. Wir sehen uns daher als Kooperationspartner für die etablierten Banken und glauben, dass FinTechs eine Bereicherung für die Branche darstellen. Gleichzeitig bieten wir unseren Mitarbeitern aufgrund unserer Größe und Innovationsfreudigkeit einen Gestaltungsfreiraum, den manch anderer Arbeitgeber nicht geben kann. Als erstes deutsches FinTech im Prime Standard mit innovativen und digitalen Lösungen für die Mittelstandsfinanzierung stellt creditshelf, so denken wir, ein enorm spannendes Unternehmen für Mitarbeiter dar. 

Was sind die Vorzüge, wenn man bei creditshelf arbeitet? Wodurch zeichnet sich Ihre Unternehmenskultur aus?

Bei uns zählen die Menschen und jeder Einzelne wird gehört. Wir legen großen Wert darauf, dass Bewerber und Mitarbeiter auch von ihrer Persönlichkeit zu uns passen und unsere Werte teilen. Zuallererst legen wir Wert auf eine positive Arbeitsatmosphäre, die Raum für Weiterentwicklung und Innovation bietet. Im täglichen Miteinander und gemeinsamen Aktionen liegt uns zudem viel daran, Herausforderungen und Hindernisse als Team zu überwinden. Wir glauben aber auch gleichzeitig an die Autonomie, Professionalität und Eigenverantwortung unserer Mitarbeiter. Das sind allerdings nur einige Punkte unserer Unternehmenskultur, die wir fest in unserem Kodex verankert haben. Dort haben wir die Rahmenbedingungen unseres menschlichen und professionellen Miteinanders sowie das Selbstverständnis im Umgang mit Kunden und Partnern festgelegt.

Wie gestaltet sich für ein wachsendes Startup wie creditshelf die Suche nach guten Leuten, gerade im hart umkämpften IT-Bereich?

Zunächst einmal begrenzen wir uns bei der Mitarbeitersuche nicht nur auf Deutschland. Zwar ist der Kernmarkt für uns aktuell Deutschland, das heißt aber nicht, dass wir uns in der Zukunft nicht auch vorstellen können, international zu denken. Unser Team ist bunt gemischt und kommt aus der ganzen Welt – gerade, wenn man in die IT-Abteilung schaut. Außerdem sind wir als Unternehmen, glaube ich, so interessant und attraktiv, dass wir viele gute Mitarbeiter finden und binden können.

Richten wir den Blick auf Ihre Kunden. Wodurch zeichnet sich ein Unternehmen, mit dem creditshelf zusammenarbeitet, typischerweise aus?

Unsere Kunden sind Mittelständler aus allen Branchen, die man sich vorstellen kann. Einen typischen Kunden kann man denke ich schwer definieren, aber es gibt natürlich Trends: Unsere Kunden sind überwiegend männlich und zeichnen sich durch ein hohes Bildungsniveau aus. Sie führen mittelständische Unternehmen und sichern die Arbeitsplätze Ihrer Mitarbeiter. Sie sind mindestens drei Jahre im Geschäft und machen mindestens 2,5 Millionen Euro Jahresumsatz. Und Sie suchen neue Finanzierungsformen, die schnell und einfach sind.

In Ihrem Unternehmensblog setzen Sie sich intensiv mit dem Mittelstand und seinen Herausforderungen auseinander. Wie schätzen Sie die allgemein Zukunft der deutschen Unternehmen ein, gerade im Hinblick auf die Digitalisierung?

Wir haben eine klare Botschaft an alle, die der Meinung sind, dass es sich bei „Digitalisierung“ nur um einen Hype oder inflationär gebrauchten Begriff handelt: Werden Sie aktiv! Dieser Trend wird anhalten und erfasst zwangsläufig alle Unternehmen. Die Frage, ob man sich mit dem Thema überhaupt beschäftigen soll, stellt sich demnach für uns gar nicht erst. Unser Tipp: Betrachten Sie die Digitalisierung nicht als lästiges Übel, welches Sie als Unternehmer neben dem ohnehin schon zeitaufwendigen Tagesgeschäft auf Trab hält. Schreiten Sie stattdessen mit gesundem Optimismus zur Tat und nehmen die Herausforderung an. Es lohnt sich, denn Digitalisierung bietet die Gelegenheit, Altlasten abzuwerfen und einen enormen Mehrwert für die Geschäftsprozesse zu erreichen – positive Auswirkungen auf die Kundenbeziehung, Effizienz und Produktivität im Unternehmen, IT-Sicherheit sowie Datenschutz miteingeschlossen.

Inwieweit geht die Zusammenarbeit von creditshelf über rein finanzielle Aspekte hinaus? Und wie wichtig ist für Sie und Ihr Team ein tiefes Kundenverständnis?

Unsere Kundenbetreuer legen Wert darauf, dass sich unsere Kunden gut aufgehoben fühlen und das Bestmögliche aus jeder Zusammenarbeit herausholen können. Gerne schauen wir vor dem Beginn einer Zusammenarbeit unseren Kunden auch in die Augen. Schließlich gehört eine persönliche Betreuung, sprichwörtlich und im übertragenden Sinne, zur Firmenphilosophie von creditshelf. Genauso wie der Ausbau und die Förderung des umfassenden creditshelf-Netzwerks aus Unternehmern, Investoren und Partnern.

1,1 Milliarden Euro Risikokapital sind 2018 in deutsche Fintechs geflossen, so viel wie noch nie.  Ist das im internationalen Vergleich als Durch-, oder zumindest als Aufbruch zu bewerten?

Da wir bis dato im internationalen Vergleich in Deutschland vor allem hinter Großbritannien hinterherhinkten, verstehen wir das durchaus als Durchbruch. In Großbritannien werden beispielsweise bereits über 10 Prozent aller Mittelstandskredite über digitale Finanzierungsalternativen abgewickelt, in Deutschland liegen wir noch deutlich drunter. Wir haben also noch einiges nachzuholen. Gleichzeitig sind wir so in einem Markt unterwegs, der sehr großes Potenzial hat.

Und noch ein kurzer Blick auf unsere Region: Wie schätzen Sie das Potenzial des Innovationsstandortes FrankfurtRheinMain ein, gerade im Bereich Fintech?

Frankfurt soll zum Fintech-Magneten werden. Um das zu erreichen, finanzieren Banken und Beratungshäuser auch das Startup-Zentrum TechQuartier. Damit wurde eine zentrale Anlaufstelle und ein „Zentrum für Innovation“ für die internationale Startup- und Fintech-Community geschaffen. Angestoßen wurde das von der hessischen Landesregierung, die mit dem Innvotionsforum Hessen auch eine weitere Plattform für „Innovationen“ geschaffen hat. Träger des TQ sind neben der Goethe-Uni die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen sowie die TU Darmstadt. Mit unserem schnellen Wachstum tun wir als creditshelf, was wir können, um Frankfurt als FinTech-Zentrum zu etablieren. Banken und Versicherungen in der Region werden immer offener, was neue Trends und Technologien angeht und wir arbeiten daran, dass sie unsere automatisierte Kreditvergabe für Mittelständler auch in großen Teilen der Branche durchsetzen läßt. Es gibt viele Ansätze der Kooperation mit creditshelf. Wir haben uns das Ziel gesetzt, unser Netzwerk auch weiterhin auszubauen und dauerhafte Partnerschaften mit den etablierten Playern zu pflegen, die über ein substanzielles Firmenkundengeschäft verfügen und durch die Kooperation mit uns ihre Innovationsfähigkeit unter Beweis stellen können.

creditshelf gestaltet Finanzierungen für den Mittelstand, die Kreditentscheidungen erfolgen auf Basis einer selbst entwickelten technologiegestützten Analyse. Das creditshelf-Team zählt rund 35 Mitarbeiter und besteht aus erfahrenen Experten, die über jahrelange Erfahrung in der Finanzierung mittelständischer Unternehmen verfügen. creditshelf wurde 2014 gegründet und ist seit 2018 im Prime Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet.

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